164 Elftes Buch. Biertes Capitel.
den Geworfenen zu Hülfe kommen, aber die Generalsalve, die sie den
ansprengenden Preußen gaben, hatte auf diese keine Wirkung, und
vor der blanken Waffe wichen sie selber zurück. So übel zugerichtet die
Regimenter Hacke und Bevern waren, so setzten sie sich jetzt doch noch-
mals herzhaft in Bewegung, um den Verlust, den sie erlitten, an den
Oesterreichern zu rächen; sie hatten weder Kugeln noch Patronen mehr:
vor ihrem gefällten Bajonnet aber wichen die letzten Reste der feind-
lichen Schlachtreihe zurück. Gegen 8 Uhr des Morgens waren die
Preußen allenthalben Meister des Schlachtfeldes. Um nicht den Rück-
zug in eine Flucht ausarten zu lassen, besetzte der Herzog von Loth-
ringen, der sich hiebei persönlich nicht schonte und beinahe gefangen
worden wäre, die Höhen von Hohenfriedberg:; es entspann sich eine
Kanonade, die bis nach Mittag dauerte, um welche Zeit Alles sich
nach den Gebirgen hinauszog 1). Der König hatte Erfrischungen zur
Stelle bringen lassen, die den Ermüdeten ausgetheilt wurden. Die
Verwundeten auf dem Schlachtfelde befahl er ohne Unterschied mit
Getränk zu laben. An die Regimenter, die sich, man kann nicht
sagen am tapfersten gezeigt, denn alle hatten gewetteifert, aber die
größten Verluste erlitten, ritt er selber heran und sprach ihnen seinen
Dank aus.
Eine sehr eifrige Verfolgung war auch deshalb nicht möglich,
weil der nächtliche Marsch und die blutige Anstrengung des Morgens
die Kräfte bereits erschöpft hatte; Alles fühlte sich zufrieden, daß
dem stolzen, seines Sieges im voraus sichern Feinde eine unzweifel-
hafte Niederlage beigebracht und Schlesien gegen ihn behauptet war.
Das ganze Land empfand es, daß dies eine Entscheidung auf
immer sei. Noch cinmal hatte sich in der großen Krisis der Zwie-
spalt zwischen den beiden Religionsparteien geregt. Die Katholischen
wußten viel von einem Crucifix zu sagen, welches sich plötzlich um-
gewandt habe, der ankommenden österreichischen Armee entgegen; die
Evangelischen hingegen sahen in einem Regenbogen, der gerade an
ihrem Bußtage, im Mai, sich wohlfarbig und mit seinem Gegenschein
am Himmel ausspannte und mit beiden Spitzen die Erde berührte,
ein Zeichen der göttlichen Gnade. So weit man den Kanonendonner
1) Aus den österreichischen Archiven ist, wic man bei Arneth, Maria
Theresia III, S. 74 fg. sieht, nichts wesentlich Neues zu entnehmen. Man
war über den Ausgang der Schlacht so betroffen, daß der Vorschlag gemacht
wurde, eine Commission zur Untersuchung der Ursachen des Verlustes nieder-
zusetzen. Die Meisten gaben dem Prinzen Carl die Schuld. Dieser selbst der
Untüchtigkeit und Trägheit der Truppen.