Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Schlacht bei Soor. 189 
Doch waren dies blos vorübergehende Stimmungen, welche die- 
Thätigkeit des Herrschers keinen Augenblick unterbrachen. 
Friedrich hatte am 13. September sein Lager bei Semonitz ver- 
lassen und seinen Rückzug durch die Vorgebirge der Sudeten genommen, 
nicht ohne mannichfaltige Schwierigkeiten, die hauptsächlich aus dem 
Mangel an Lebensmitteln entsprangen. Ich bin es nicht, sagte er 
einmal, der hier commandirt: Mehl und Fourage beherrschen uns. 
Dumoulin war nach Schatzlar, Lehwald nach Trautenau voraus- 
geschickt; er selbst hatte, jedoch in der Absicht, jenen bald zu folgen, 
sein Lager bei Staudenz genommen; das Heer, das um ihn war, be- 
trug nicht mehr als 19000 Mann; er glaubte, wie bisher so auch 
ferner nur mit den leichten Truppen „des ewigen Nadasdy“, wie er 
ihn bezeichnet, zu thun zu haben. 
Schon waren aber die Befehle der Königin bei dem Prinzen 
eingelaufen; um dessen Bedachtsamkeit zu beflügeln, war der feurige 
Lobkowitz in dem Lager angelangt; sie wollten eine Schlacht liefern, 
und eben Nadasdy faßte dazu einen Gedanken, der den König in die 
äußerste Gefahr brachte. 
Friedrich befand sich in der Mitte zwischen dem obern Lauf der 
Elbe und der Aupa, unfern Soor, wo die ansteigenden waldbewach- 
senen Gebirge durch mannichfaltige Thäler eingeschnitten sind, auf 
einer Ebene, die auf mehreren Seiten von Höhen beherrscht wird. 
Nadasdy war es, der von einer nahen Koppe die Unsicherheit des 
preußischen Lagers wahrnahm: er führte den Prinzen Carl, der mit 
seiner Armee nur einen Marsch von demselben entfernt war, selbst 
dahin, um ihn zu überzeugen. Der Prinz, dem man überhaupt ein 
gutes Auge fuür Terrainverhältnisse zuschreibt, erkannte, daß die Preußen 
von der Höhe aus in ihrem rechten Flügel mit Vortheil anzugreifen 
seien, und da seine Königin es forderte, die Armee dem Feinde über- 
legen war und das Gedächtniß von Hohenfriedberg wieder auszulöschen 
wünschte, so beschloß er, den Angriff zu wagen. 
Auf das Glücklichste gelang es ihm, sein Vorhaben so einzuleiten, 
daß es den Preußen nicht bekannt wurde. Friedrich hatte einige 
starke Recognoscirungen angeordnet, die aber in den Waldungen nicht 
weit vordrangen und kein Resultat gaben. Während er sich ganz sicher 
glaubte — für den andern Tag war der Abmarsch nach Trautenau 
festgesetzt — zogen die Oesterreicher, am Abend des 29. September, 
Eichel, 27. Aug.: Das Blut stehe ihm in den Adern stille, wenn er die Ha- 
sards considerire, in die der König gerathen könne.
	        
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