46 Zehntes Buch. Drittes Capitel.
lichen Reichsangelegenheiten mächtig einzugreifen. Gleich bei der ersten
Vacanz eines Erzstiftes, und zwar des wichtigsten von allen, trug die
österreichische Partei einen großen Sieg davon.
Bei den hohen Jahren, in denen der Kurfürst von Mainz, Phi-
lipp von Elz, stand, hatte Friedrich II den Kaiser mehr als einmal
aufgefordert, dafür zu sorgen, daß nach dessen Abgang das reichs-
erzkanzlerische Amt, von dem wir sahen, welch einen wirksamen Ein-
fluß es ausübte, nicht in die Hände eines seiner Gegner gerathe,
und der Kaiser hatte hierüber den Gedanken gefaßt, seinen eigenen
Bruder Johann Theodor zum Coadjutor des Stiftes zu erheben.
Mit diesem Plane aber entfremdete er sich die Mitglieder des
Capitels, welche nicht auch dieses Stift, wie Cöln, an einen baieri-
schen Prinzen gelangen lassen wollten. Als die Vacanz eintrat, rückte
eben die englisch-österreichische Armee den Rhein aufwärts. Bei dem
Umschwung der öffentlichen Angelegenheiten, der hiemit verknüpft
war#½), setzte das Capitel alle Rücksicht auf den Kaiser aus den
Augen und erhob den vielleicht am besten österreichisch gesinnten
Mann aus seiner Mitte, den der Kaiser namentlich ausgeschlossen,
den Domcustos Graf von Ostein, auf den kurfürstlichen Stuhl.
Die Königin stand nicht an, sich dieses Vortheils sofort in seinem
ganzen Umfange zu bedienen. Sie hatte schon immer ihre bei der
Kaiserwahl hintangesetzten Rechte offiziell in Erinnerung zu bringen,
durch eine Art von Protestation vorzubehalten gesucht. Aber diese
war in solchen Ausdrücken abgefaßt, daß man Bedenken trug, sie
anzunehmen oder nach der Gewohnheit des Reiches zur Dictatur zu
bringen. Die Kurfürsten waren im Anfang des Jahres 1743 da-
gegen; der König von Preußen namentlich ließ die Königin wissen, sie
müsse sich in die Ordnung fügen, welcher sich jeder andere unterwerfe.
Was aber Philipp von Elz abgelehnt, war Friedrich von Ostein
sehr bereit zu bewilligen. Ohne daß er eine weitere Mittheilung an
das kurfürstliche Collegium, wie das Reichsherkommen war, für nöthig
gehalten hätte, ohne Rücksicht auf die von demselben früher aus-
gesprochene Meinung, brachte er am 23. September die Protestation
der Königin zur Dictatur.
Darin erklärte sie, daß sie nichts von alledem, was unter Ans-
schließung der böhmischen Stimme geschehen sei, als rechtsbeständig
1) Den Zusammenhang bestätigt der unterrichtete Verfasser des Lebens
der Maria Theresia II, 279, der die Wahl als „die erste Frucht des Herein-
marsches mehrbesagter Auxiliartruppen“ bezeichnet.