Sortbildungsfchule und Etaatsfunde. 127
Dftpreußen, von Pofen nad) Baden, von Nahen nad) Memel, von Lindau
nach Kiel zu reifen. Vor allem ift da3 mweitverzmeigte Bahnnes mwidhtig für
den Zandesihug. Bei einer Mobilmahung müffen rafch über 11;, Mill. Soldaten
an die Grenzen befördert werden. Als Napoleon I. feine große Armee (!/, Mill.)
nad) Rußland marjcieren ließ, da brauchte er viele Monate dazu. 1870 ftand-
die deutfche Armee von 500000 Mann in 20 Tagen an der mejtlichen Grenze.
Dabei hatten einzelne Truppenteile 500, 1000, ja 1500 km zurüdgelegt!
Heute ginge das noch viel fchneller. So fonımen die Soldaten friih an
die Grenze. Die Bahnen fenden ihnen Nahrungs und Sciekvorräte nad);
fie befördern rafch die Gefangenen und Verwundeten zurüd. So fpielen im
Kriege die Entfernungen feine hemmende Rolle, wenn man nur Bahnen hat.
Bliden wir zurüd, fo erfennen mir:
Ein bahnlofes oder bahnarmes Land ift ein armes Land und bleibt
hinter allen Ländern der Erde zurüd. 3 farn feine Schäbe, feinen lber-
fluß, feine Erzeugniffe nicht an den Mann bringen. 3 fann nit den
Segen, den Wohljtand ins Land ziehen. E3 fanın auch nicht viel fremde
Güter einführen. Sie würden zu fehr verteuert. Die Bahnen find die Adern
und Träger der Kultur, der Arbeit, der Wohlfahrt, des Wohlitandes. Gie
halten die Einheit des Staates aufredht und jteigern die Schlagfraft de3
Heeres.
Sortbildungsfcbule und Staatskunde.
Sn der Vollsidule Fann die Bürgerkunde nicht abgefonderter Fad)-
unterricht fein. Nur gegen das Ende der Edhulzeit treten einzelne Xehr-
gebiete in einen engeren jahlihen und darum fachlichen Zufammenhang.
Die Fortbildungsfhule foll der Fortbildung dienen. Tas ift nur möglich,
wenn fie auf einem bereit3 vorhandenen Grunde meiterbauen Kann.
Der Erlaß de preußifhen Minifters für Handel und Gewerbe vom
20. Adhıtmond 1904 fagt: „Die Fortbildungsfchule ift Berufsfchule und Hat auf
der Grundlage der Beruforganifation ihre Zöglinge dur fachliche, Taufe
mniolewirtfihaftliche und jtaatsbürgerliche Ausbildung zu fittlichen Charakteren
zu erziehen.” \
Hierin Tiegt eine Doppelaufgabe: Berufliche und jtaatsbürgerliche Erziehung
und Ausbildung. Die berufliche Ausbildung trennt die Zöglinge und deren
nterefjenkreife, denn fie jtärft die „geteilten NRationalintereffen”, die vielfach ent-
gegengejebten Erwerbäintereffen; die ftaat3bürgerliche foll fie wieder bereinigen.
Die berufliche Ausbildung ift Sonderbildung, die ftaatsbürgerliche aber allgemeine.
Die ftaatsbürgerliche Bildung ift die Allgemeinbildung, weldhe die Fort-
bildinigafchule ‚zu bermitteln hat. Nicht der Denfcd) ar fich, fondern der
Menjd als Glied einer Ermerbs- und Staatögemeinihaft ift Segenftand des
Bortbildungsfhulunterricht2.
‚St darin ein Widerfpruch enthalten? Zäßt fich der Segenfab aus»
gleihen? Shne Zweifel Iiegt in der rein, nadt und bloß beruflih aus-
geitalteten Fortbildungsihule, deren deal die größtmögliche Spaltung und
Sonderung Yt, ein daS Staatsmwohl an fi) nicht fürdernder Umftand; denn
politisch zugeipist, ergäbe fie den mittelalterlichen „Ständeltaat”, der eben-
falls aus mirtichaftlicher Teilung hervorging. Darum muß der beruflichen
Öliederung ein geiftig-fittliches Gegengemwicht enigegengejtermmt werden, Das
it die ftaat3bitrgerlihe Erzihueng und Bildung.