Fortbildungsidiule und Staatsfunde. 149
Süden und Dften Hin aus. So reicht es jet don dem Baltifchen Meere
bi3 an den Großen Dzean.
Auch Rußland ijt im allgemeinen ein wirklicher Einheitzjtaat. E3 konnte
fih in fo kurzer Zeit fo gewaltig aubreiten, weil an jeinen Grenzen meiit
nur fhrwache Völker waren. Die meiften Kriege hat eg mit der Türke: führen
müffen. Rolen hätte ihm gewiß miberjtanden, wenn es nicht durch Unernig-
feit geihmädht und die befannte polnische Mikmirtichaft zerrüttet gervefen märe.
Die Bodengeitalt Außlands, die weiten Flachländer begünftigen erft recht die
Entmwidlung eines einzigen großen Neiches.
c) Öfterreih-Ungarn ift aus der von Karl dem Großen geitifteten Dft-
marf (Dftrich) hervorgegangen. Unter den Habeburgern gewann Siterreich
feine heutige Ausdehnung. Schon feit 1438 beherriden die SHabSburger
Dfterreich und Ungarn. Aber diefe beiden Länder bilden feinen Einheits-
ftaat. Die Donaumonardjie hat zwar einen Herricher, aber fie beiteht aus
zmwei faft felbftändiger Staaten. Ungarn jtrebt danad), fi von Wien völlig
unabhängig zu maden. Aus der Tonaumonardjie foll ein wirflidher Doppel-
jtaat werden. Schon jest haben Djterreidy und Ilngarıı eigene Regierungen
und haben bei weiten nicht fo viel gemeinfame Gelege wie wir. Dazu
wollen fi au die Tichehen, die Polen, die firoaten, die Welichen, Die
Bosnier felbjtändig madhen wie Ungarn. Demnad) it die Donaumonardhie
noch gar nicht innerlich geeinigt. Früher mar fie jogar einheitlicher al3 jebt.
Die vielen verfchiedenen WVölfer und Sprachen lajjien e3 zu Feiner wirklichen
Einigkeit und Einheit kommen. Ghemals bildeten die Deuticdhen daS herr-
Ihende Aulturvolf. Sie jind auch Heute nod) die widtigjten Träger des
habsburgifchen Staatd- und Neichsgedanfens. &Xe mehr aber die Glaven,
Madjaren und Welchen obenauf fommen, dejto mehr wird die Einigkeit und
Einheit der Donaunmnardjie gefährdet.
d) $talten war fon unter den Römern völlig geeint. Es ıft Demnad)
‚eigentlich der ältejte europäifche Einheitsitaat. ber in der Völkerwanderung
ging dieje jtaatliche Einheit wieder verloren. E3 ward in mehreren Teil-
ftaaten zerfplittert und litt wie Deutfchland nicht wenig unter der Staatlichen
SZerflüftung. Genua, Mailand, Venedig, Tlorenz, Nom, Neapel und Gar-
dinien bildeten lange Zeit felbitändige Gebiete und Staaten. Mit der Beit
hat eins nad) dem andern feine Selbftändigfeit eingebüßt. Das Königreich
Sardinien und Piemont und Savoyen ift das Stammland des heutigen Stalieng,
wie Franzien das des heutigen Frankreichs. Stalien ijt durd) fremde Hilfe
geeint worden. Djterreich bejaß lange Zeit die Rombardei und Venegien.
,. Mit Hilfe Napoleon III. gemann Sardinien 1859 die Xombardet bon
DOfterreich. Darauf vertrieben die Staliener die Herrfher von Neapel.
Freilih mußte Stalien für Napoleons Hilfe al3 Dank Savoyen nebft Nizza
an Ftanfreic, abtreten. Sm Bunde mit Preußen erwarb Stalien 1866
Venezien. 3 die Deutichen 1870 die frangöfifchen Heere in glänzenden
Siegen niederwarfen, 309 Napoleon feine Truppen aus Rom zurüd und nun
erwarb Stalien aud) den Kirchenftaat Rom vom Papite. So gehört Stalien
zu den jüngften Großmäcdten Europas. 3 ift ein wirklicher Einheitzitaat.
e) ÖOroßbritannien ift aus der Vereinigung von England, Schottland
und rland entitanden. 3 hat den britifchen Herrfchern viele Kriege ge-
foftet, ehe fie diefe drei Länder dauernd vereinigen Fonnten. England felbit
mar ehemald in fieben Königreiche gefpalten. Seit 1600 aber ilt Groß-
britannien dauernd geeint.