Full text: Ratgeber für deutsche Lehrer und Erzieher

64 Lehrproben. 
malt; hege ich ihn aufs Wild, fo läuft er fofort hin und bringt mir daS ge- 
Ichoffene Wild. Urjprünglih fonnte jeder Menjhh das al3 fein Eigentum 
betrachten, was er fi irgendwie angeeignet hatte. Rand er irgendwo 
Früchte, fo nahm er fie an fid) und machte fie fich zu eigen. Niemand 
wehrte ihm das. Bald ward da3 anders. Da traf der Menfch auf fremdes 
Eigentum, auf Güter, Die andern gehörten, weil andre Menjchen fie her- 
geftellt Hatten. Da cntitand der Streit um den Befig der Güter, des Bodens, 
der Herden. Ylnfangs ging Gemalt vor Recht. Der Märhtigere nahm Befig 
von der Habe und den Sütern de3 andern. Diejer Streit, diejer Raub 
mißfiel. Da jagten die Hügiten und beiten Menjchen: So fanıı das nicht 
weitergehen, jonit it des Yanfes, des Streited, Des Haders, des Stampfes, 
des Mordes und Totfchlages fein Ende. Das mird ein Strieg aller gegen 
alle, und wir fchlagen ung noch alle tot. 
Schon in der Fanilie entitand oft Zanf und Streit über das Mein und 
Dein. Da jtritten jich zwei Kinder um einen Apfel; jedes wollte ihn ganz 
für fih haben. Da fam die Mutter und fagte: Gebt mir den Apfel; er 
gehört feinem von eud beiden, aber ich teile ihn und gebe jedem Die 
Hälfte. Vater und Mutter erfannten an und beitimmten, was jedem 
Kinde al3 Eigentum gehören follte. Nun hatte jedes Stind die volle, unbe- 
ftrittene WVerfügungsgewalt über den halben Xpfel. Wollte ihm jeht ein 
drittes Kind den halben Apfel entreißen, jo wäre das Raub oder Diebitahl 
gerwefen. Das diebiiche Kind Hätte ich zugleich gegen die Anordnung und 
da3 Gebot der Eltern vergangen. 5 mar ja der Wille und daS Gebot der 
Eltern, daß jedes Sind unbefchränft, allen darüber — über den halben 
Apfel — verfügen folltee Der höhere, mächtigere Wille Der Eltern hatte 
das beftimmt und geboten. Dagegen durfte fih Fein anderes Kind auf- 
lehnen. 
’ Gigentum der Kinder ıjt das, was die Eltern 
als ihr Eigentum anerfannt und Dadurd ge- 
ihüsßt Haben vor Mngriffen und Unfprüden 
andrer. 
Die Ermacfenen untereinander famen auch oft in Streit über das 
Mein und Dein. Da bejtimmte nun der Häuptling der Horde oder Genicin> 
fchaft: Was jeder fi) jelber macht oder was er draußen herrenlos findet: 
da3 ift fein perjönliches Eigentum; damit fann er maden, was er mill; 
dariiber hat er die volle Verfügungsgemwalt. Niemand darf ihm das Cigen- 
tum wegnehmen. Wer e2 aber dod) tut, der übertritt mein Gebot, und 
den beitrafe ich, weil er mein Gebot übertreten hat. Biele3 bauten die 
Grmachfenen gemeinfam; gemeinfam gingen fie auf die “Sagd und in Den 
Krieg. Wa3 fie nun gemeinjam erbaut oder erbeutet hatten, das verteilte 
dann der Häuptling. So ging das gemeinjame Eigentum in das berjönliche 
Eigentum eines jeden Genoffen über. Nach) der Verteilung hatte jeder das 
volle Verfügungsredht über die ihm zugeteilten Gadıen. 
Aus den Heinen Gemeinschaften entjtanden jpäter große Völker und 
Staaten. Aud der Staat fagte: Was jeder rechtmäßig erworben hat, da3 
ift fein Eigentum. Das erfenne ich al3 fein perfönliches Eigentum an umd 
fhüße ihn darin. Stets full er das volle Verfügungsrecdht oder die unbedingte 
Herrichaft über fein Eigentum haben. Cr fann damit anfangen, mas er 
will. Niemand darf ihn darin hindern, niemand darf es ıhm megnehmert. 
Sch nehme das Eigentum aller Bürger in meinen Schub. ber die Habe,
	        
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