Sittenlehre und Staatsfunde. 65
die einer hat, muß aud, mwirflid) fein Eigentum fein. Hat jemand feinen
Befiß einem meiner Bürger geraubt, einem andern Bürger meggenommen,
hat er feinen Reichtum, feine Güter auf unretmäßige und unehrliche Weife
an fich gebracht, dann ift das nicht fein Eigentum, dann erfenne ich das nicht
al3 fein Eigentum an und lafle ihm nicht die Herifchaft und die Verfügung
über diefen Befig. ch nehme ihm vielmehr diefen unrechtmäßig erworbenen
Befig meg und gebe die Güter den rechtmäßigen Eigentümern zurüd.
Bejiß it das, mas eine Perfon tatjädhli) in Gewalt und Semwahrjam
bat. Eigentum ijt die vom Staate oder vom Rechte oder redhtlih an-
erfannte und gejchüßte Herrfchaft oder Berfiigungsgemalt über eine Sache.
4. Der Nuben des Eigentumd. Das Eigentum ift ein
großer Segen für den Menjchen:
a) 63 jhüst ihn vor Not, Entbehrung und Elend.
b) E3 jchüßt ihn davor, Unrecht zu tun.
c) &3 |pornt ihn an, fleißig zu arbeiten.
d) 68 gibt ihm die Möglichfeit, notleidenden Menjdhen Gutes zu
erweijen.
5. Der Srmwerb desGigentumsdurdh Arbeit. Alles
Eigentum ınuß durch Arbeit gejchaffen und erworben werden. 3 fällt fein
Meilter vom Himmel: e3 fällt auch fein Brot vom Himmel; e3 fliegen ung feine
gebratenen Tauben in den Mund. Gelbit da3 Dlanna mußten die Sfraeliten
in der Wiüjte Sammeln. Manches verurfacht viel Arbeit, wie 3. B. die Ge-
winnung von Biot und von Sohlen, der Bau von Eifenbahnen und Schiffen.
Manches verurjacht wenig Mühe, wie das Abpflüden von Obit, das Angeln
bon Fiichen. Uber ohne irgendwelche Urbeit kann man fein Gut erzeugen,
fein Eigentun erwerben. Male ich ein Bild, fo it da8 auch Arbeit, und
der Maler, der unjre Stuben |chön malt, ijt des Yohnes ebenfo wert mie
der Schuhmader, der una Schuhe und Stiefel mad.
Die Arbeit ift das Hauptmittel, mit weldjem wir Eigentum erwerben.
Die Arbeit it darum eine Pflicht für alle Menfchen: So jemand mill
nicht arbeiten, der foll auch nicht effen.
Wer nicht arbeitet, der lebt auf Kojten der andern. it er arbeitsfähig
und arbeitet doch nicht, fo vergeht er fich an feinen Mitmenjchen. Geine
Saulheit ift nicht nur eine Schande; er fchadet auch feiner Gemeinschaft,
dem Staate. Wenn alle Menfhen jagen wollten wie die faulen Neger,
heute arbeiten mir nicht, denn wir haben ja noch ein Brot und ein Stüd
Burit, jo ging e3 uns auch wie den Negern, mir wären alle arm, und es
fehlte uns gar bald an dem Notwendigiten. Wir arbeiten nicht bloß für
heute und morgen, fondern für unfer ganzes Leben. Wer heute gefund iji,
fan morgen fchon frank und arbeitsunfähig fein. Wer heute noch Arbeit
hat, fanıı morgen fchon arbeitslos fein. Barum fagte Ehriftus: Sch muß
mirfen, fo lange e3 Tag ilt. Siehe, e3 fommt die Nacdıt, wo niemand wirken
fann. Wir müffen auch arbeiten, fo lange es Tag ift, fo lange wir fönnen;
e3 fommt die Nacht, mo wir nicht arbeiten fönnen, weil wir krank, gebred)-
lich, arbeitäunfähig oder arbeitslos find. rn der Jugend müjfen wir für das
Alter forgen. Spare in der Beit, fo haft du in der Not. Wer in der Ernte
Ihläft, wird zufchanden. Einem Läffigen gerät fein Handel nicht, aber ein
Heigiger Menfc toird reih. Go follen wir arbeiten und mit unfern Händen
oder unferm Geilte etwas Gutes Schaffen.
Ratgeber III. Zranle, GStaatd- und Bilrgerfunde. >