Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

114 Braunschweig. 
Funktionen des gewählten Präsidenten und des Landessyndikus. Zur 
Handhabung der Sitzungspolizei ist dem Präsidenten umfassende Diszi- 
plinargewalt gegeben. Zum Schutze der Verhandlungen „haben die 
Polizeibehörden und die bewaffnete Macht seinen Aufforderungen Folge 
zu leisten“ (§ 40). Die Unterschriften der an die Landesversammlung 
gerichteten Beschwerden müssen öffentlich beglaubigt sein, 
widrigenfalls sie nicht berücksichtigt werden (§ 48). Ungewöhnlich scharf 
sind die gegen Ubergriffe der parlamentarischen Redefreiheit gerichteten 
Disziplinarmittel. Da dieselben von ähnlichen Bestimmungen der Ge- 
schäftsordnungen anderer Staaten wesentlich abweichen, lassen wir die 
Hauptstelle im § 59 hier wörtlich folgen: 
„Abgeordnete, welche gegen die Vorschrift der Geschäftsordnung 
verstoßen, oder in ihren Aeußerungen die Würde des Deutschen Reiches, 
der Mitglieder des Bundesrathes, des Reichstages oder befreundeter 
Regenten oder Regierungen angreifen, werden von dem Präsidenten 
zur Ordnung verwiesen. 
Ein vom Präsidenten zur Ordnung gerufenes Mitglied ist berechtigt, 
dagegen schriftlich Einsprache zu erheben, worauf die Versammlung in 
der nächsten Sitzung ohne Diskussion darüber entscheidet, ob der Ord- 
nungsruf gerechtfertigt sei oder nicht. Wird die vom Präsidenten ge- 
rügte Ordnungswidrigkeit fortgesetzt, oder geht dieselbe in Widersetzlich- 
keit gegen die Anordnung des Präsidenten über, so kann die Versamm- 
lung auf Antrag des letzteren die Schuldigen sofort entfernen und, nach 
vorgängiger commissarischer Begutachtung, durch einen in der nächsten 
Sitzung zu fassenden Beschluß durch Verweis oder Ausschließung von 
der Versammlung strafen. 
Ein gleiches Verfahren tritt auf den gehörig unterstützten Antrag 
eines einzelnen Abgeordneten ein, wenn ein Mitglied so arge Verstöße 
gegen die Geschäftsordnung begeht, oder die Redefreiheit in solcher 
Weise misbraucht, daß die Verweisung zur Ordnung durch den Präsi- 
denten, oder dessen Rüge nicht für ausreichend gehalten wird. 
Sollte aber der Fall eintreten, daß ein Abgeordneter: 
1. die dem Landesfürsten oder dessen fürstlichem Hause schuldige- 
Ehrerbietung verletzte, oder 
2. Anträge auf den Umsturz der Verfassung machte, oder 
3. die Grenzen der freien Aeußerung auf eine die Ruhe des Landes. 
oder des gesammten Deutschlands gefährdende Weise überschritte, 
so ist der Präsident verpflichtet, die Versammlung zu schließen, oder auf 
bestimmte Zeit zu entlassen und in der nächsten Sitzung über den Vor-
	        
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