436 V. Schulordnung.
Hinsichtlich der Frage, nHach welcher Himmelsrichtung die Lehrzimmer,
bezw. deren Lichteinfallwand (§ 5 Ziffer 2 der Verordnung), liegen sollen, enthielt
die Schulhausbauordnung vom 11. Februar 1869 in § 3 Ziffer 2 den Ausspruch:
Die Lehrzimmer werden am besten auf der Süd- oder Ostseite — —
angelegt werden.
Schon während der 1870er Jahre kamen indessen bei der Oberschulbehörde
Pläne für Schulbanten zur Vorlage, bei welchen für die Lehrzimmer ausschließlich
oder doch soweit, als nach der ganzen Anlage des Baues überhaupt möglich, die
Nordlage gewählt war. Da in der Schulhausbanordnung die Süd= oder Ostlage
der Lehrzimmer nur empfohlen, nicht verpflichtend vorgeschrieben war, konnte den
die Nordlage vorziehenden Plänen, wo die bauende Gemeinde darauf beharrte, die
Genehmigung nicht versagt werden. Uberdies aber mußten Erfahrungen an Schul-
gebänden, deren Anlage der in der Schulhausbauordnung enthaltenen Empfehlung
entsprach, Zweifel an der Berechtigung dieser Empfehlung hervorrufen, und immer
mehr wurde bei Lehrern und Bautechnikern die Anschauung vorherrschend, daß der
Lage nach Norden der Vorzug zu geben sei.
So wurde die oben bezeichnete Frage der Hauptanlaß zu einer Umgestaltung
der Schulhausbauordnung vom 11. Februar 1869, welche durch die Verordnung vom
17. Oktober 1884 — nachdem bei Beratung des Entwurfes im Landesgesundheits-
rat bezüglich des vorliegenden Gegenstandes auseinandergehende Anschaunngen zutage
getreten waren — dahin erfolgte, daß in der geänderten Schulhausbauordnung
(17. Oktober 1884) keinerlei Ausspruch mehr darüber enthalten war, welcher Himmels-
richtung für den Lichteinfall in Schulzimmern der Vorzug zu geben sei.
Bei der nach Erlassung des Gesetzes vom 13. Mai 1892 in Angriff genommenen
abermaligen Umarbeitung der Schulhausbauordnung wurde die in der Verordnung.
von 1884 mit Stillschweigen übergangene Frage überhaupt nicht Gegenstand neuer-
licher Erörterung, so daß in dieser Hinsicht die nunmehr geltende Schulordnung vom
14. November 1898 mit jener von 1884 vollständig übereinstimmt.
Anläßlich eines Einzelfalles hat die Oberschulbehörde über ihre Stellung.
zur Frage in nachstehender Weise sich ausgesprochen:
„Damit (d. i. nach dem Wortlaut der Verordnung vom 17. Oktober 1884) ist
den zur Entscheidung berufenen Behörden überlassen, diese jeweils im Einzelfalle nach
dessen besonders gestalteten Verhältnissen zu treffen. Die Oberschulbehörde, welche
ursprünglich aus Erwägungen mehr theorctischen Charakters ebenfalls der jetzt vom
Stadtrat der Stadt N. so entschieden verteidigten Auffassung zuneigte, ist auf dem
Wege der praktischen Erfahrung schrittweise zuerst auf Zweifel, dann zu der
entgegengesetzten Uberzeugung geführt worden, daß als Regel eine Lage der-
Schulzimmer, bei welcher dieselben das Hauptlicht von Norden erhalten, vorzu-
ziehen sei. Während von den Lehrern — also von Persönlichkeiten, welche die aus
der Lage der Schulzimmer hervorgehenden Annehmlichkeiten oder Unannehmlichkeiten
am eigenen Leibe fühlen — bei den nach anderen Himmelsrichtungen gelegenen
Lehrsälen die durch notwendige Blendung der Fenster wenigstens zeitweise herbeige-
führte Beeinträchtigung der Beleuchtung sowie die — allerdings nur während eines
kleineren Teiles des Jahres eintretende — übermäßige Erhitzung des Schulraumes
als schwere Mißstände empfunden werden, sind Klagen über Mißstände, wie solche-
im Berichte des Stadtrates der Nordlage zugeschrieben werden, nicht zur Kenntnis
der Oberschulbehörde gelangt.
Aufgrund dieser Erfahrungen wird seit Jahren nicht allein bei Schulbauten,
welche für die staatliche Unterrichtsberwaltung auszuführen sind, die Nordlage der