196 Hessen.
einzelnen Teile des Hauptvoranschlags und des Finanzgesetzes auch ge—
sondert zu beschließen.
Tritt die Erste Kammer den Beschlüssen der Zweiten Kammer nicht
bei, so gelangt das Finanzgesetz nebst Hauptvoranschlag an die Zweite
Kammer zur nochmaligen Beratung und Beschlußfassung über die Punkte,
hinsichtlich deren Meinungsverschiedenheit besteht, zurück. Soweit die
Zweite Kammer bei ihren abweichenden Beschlüssen beharrt, gelangen
diese letztmals an die Erste Kammer. Tritt diese nicht bei, so sind, wenn
die Zweite Kammer nicht nachträglich den Beschlüssen der Ersten Kammer
zustimmt, die noch nicht durch übereinstimmenden Beschluß der beiden
Kammern erledigten Punkte des Hauptvoranschlags in denselben so ein-
zustellen, wie sie sich aus der Beschlußfassung der Zweiten Kammer
ergeben. Das den Beschlüssen der Zweiten Kammer entsprechende
Finanzgesetz gelangt in diesem Falle nochmals an die Erste Kammer,
welche es nur im ganzen annehmen oder ablehnen kann.
Lehnt die Erste Kammer das Finanzgesetz ab, so ist über dasselbe
in einer Versammlung der vereinigten Kammern, die unter dem Vor-
sitze des Präsidenten der Ersten Kammer stattfindet, zu beraten und im
ganzen abzustimmen. Bei dieser Abstimmung entscheidet die absolute
Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des
Präsidenten der Zweiten Kammer.
Erfordert ein Gegenstand einen Gesamtkostenaufwand von mehr als
200 000 Mark, der im Wege der Anleihe gedeckt werden soll, so sind die
Mittel nicht im Hauptvoranschlage anzufordern, sondern in einer be-
sonderen Gesetzesvorlage der ständischen Beschlußfassung zu unterbreiten.
Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Anforderungen, die
gestellt werden zur Bewirkung der dem Staate auf Grund des Staats-
vertrags zwischen Hessen und Preußen über die gemeinschaftliche Ver-
waltung des beiderseitigen Eisenbahnbesitzes vom 23. Juni 1896 sowie
etwaiger späterer Zusätze zu demselben obliegenden Leistungen sowie
überhaupt zur Erfüllung rechtlich begründeter Verpflichtungen der Staats-
kasse oder zur Durchführung gesetzlich beschlossener Maßregeln oder zur
Deckung von Fehlbeträgen der Verwaltung.
Art. 68. Die Bewilligungen dürfen von keiner Kammer an die
Bedingung der Erfüllung bestimmter Desideren geknüpft werden.
Beide Kammern sind jedoch befugt, nicht nur eine vollständige
Uebersicht und Nachweisung der Staatsbedürfnisse, sondern auch eine
genügende Auskunft über die Verwendung früher verwilligter Summen
zu begehren.
Art. 69. Die Auflagen, insoferne sie nicht bloß für einen vorüber-
gehenden und bereits erreichten Zweck bestimmt waren, dürfen, nach
Ablauf der Verwilligungszeit, noch sechs Monate forterhoben werden,
wenn die Ständeversammlung aufgelößt wird, ehe ein neues Finanz-
gesetz zu Stande kommt, oder wenn die ständischen Berathungen sich
verzögern.
Die sechs Monate werden jedoch in die neue Finanz-Periode ein-
gerechnet.