Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

Hessen. 197 
Art. 70. Die Civilliste kann während der Dauer der Regierung 
eines Großherzogs weder, ohne Seine Bewilligung, gemindert, noch, 
ohne Zustimmung der Stände, erhöhet werden. 
Art. 71. In außerordentlichen Fällen, wo drohende äußere Ge- 
fahren die Aufnahme von Capitalien dringend erfordern, die Einberufung 
der Stände aber, oder eine vorläufige Berathung mit denselben durch 
äußere Verhältnisse unmöglich gemacht wird, kann die Staatsregierung 
die erforderlichen Summen lehnbar aufnehmen, vorbehältlich der Nach- 
weisung ihrer Verwendung und der Verantwortlichkeit der obersten 
Staatsbehörde. 
Art. 72. Ohne Zustimmung der Stände kann kein Gesetz, auch in 
Bezug auf das Landes-Polizey-Wesen gegeben, aufgehoben oder ab- 
geändert werden. 
Wenn bei bestehenden Gesetzen die doctrinelle Auslegung nicht hin- 
reicht, so tritt nicht authentische Auslegung, sondern die Nothwendigkeit 
einer neuen Bestimmung, durch einen Act der Gesetzgebung ein. 
Art. 731). Der Großherzog ist befugt, ohne ständische Mitwirkung, 
die zur Vollstreckung und Handhabung der Gesetze erforderlichen, so wie 
die aus dem Aussichts= und Verwaltungsrecht ausfließenden Verord- 
nungen und Anstalten zu treffen, und in dringenden Fällen das Nöthige 
zur Sicherheit des Staats vorzukehren. 
Art. 74. Dem Großherzoge steht die ausschließende Verfügung über 
das Militär, die Formation desselben, die Disciplinar-Gewalt und das 
Recht, alle, den Kriegsdienst betreffenden Verordnungen zu erlassen, 
ohne ständische Mitwirkung zu. 
Der erlassene und von dem Großherzoge hinsichtlich der Offiziere noch 
zu erlassende Militär-Straf-Codez soll jedoch, in so ferne er sich nicht 
auf die bezeichneten Gegenstände bezieht, ohne ständische Mitwirkung 
künftig keine Abänderung erleiden. . 
Art. 752). Wenn auch nur eine Kammer gegen einen Gesetzes- 
vorschlag stimmt, so bleibt das Gesetz ausgesetzt. 
Wird aber ein solcher Gesetzesvorschlag der Regierung auf dem 
nächsten Landtage den Ständen durch die Regierung wieder vorgelegt 
und von einer Kammer wieder angenommen, von der anderen Kammer 
ledoch von neuem abgelehnt, so kann die Regierung verlangen, daß in 
einer Versammlung der beiden Kammern unter dem Vorsitze des 
Präsidenten der Ersten Kammer über den Gesetzesvorschlag verhandelt 
und abgestimmt wird. Zur Annahme des Gesetzesvorschlags bedarf es 
der einfachen Mehrheit der in der gemeinsamen Sitzung anwesenden 
tglieder der beiden Kammern, wenn die Annahme des Gesetzes- 
vorschlags mit zwei Drittel der Stimmen aller Mitglieder der an- 
nehmenden Kammer erfolgte; andernfalls sind zur Annahme des Ge- 
etzes zwei Drittel der in der gemeinsamen Sitzung abgegebenen Stimmen 
  
1) Art. 73 jedoch eingeschränkt durch das Gesetz vom 15. Juli 1862, Anordnungen zur 
Sicherheit des Staats betreffend. 
Art 9 Art. 75 neu gefaßt durch Gesetz vom 3. Juni 1911; vgl. auch die Anmerkung zu
	        
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