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Sobald die Präsidenten für diesen Landtag ernannt sind, wird zur
Wahl der beiden Secretarien für diesen Landtag geschritten.
Art. 87. Die definitive Entscheidung über die Gültigkeit der Wahlen
und über die Zulassung, Abweisung, oder Befreyung der Mitglieder der
Kammern gehört zu der Competenz einer jeden Kammer, sobald die
ständische Versammlung eröffnet worden ist.
Art. 88 1). Die Eröffnung der Ständeversammlung geschieht mit
beiden Kammern zugleich von dem Großherzoge in Person, oder von
einem von Ihm dazu ernannten Commissär.
Die neu eintretenden Mitglieder der Stände leisten bei dieser Er-
öffnung folgenden Eid:
Ich schwöre Treue dem Großherzog, Gehorsam dem Gesetze, ge-
naue Befolgung der Verfassung, und in der Ständeversammlung nur
das allgemeine Wohl, nach bester, eigner, durch keinen Auftrag be-
stimmter Ueberzeugung berathen zu wollen.
Die nach der Eröffnung erst eintretenden Mitglieder schwören diesen
Eid in die Hände des Präsidenten ihrer Kammer.
Art. 89. Die Propositionen der Regierung werden den Kammern,
oder derjenigen, welche zuerst darüber berathen soll, durch Mitglieder
des geheimen Staats-Ministeriums, oder durch die ernannten Landtags-
Commissarien vorgelegt.
Art. 90. Jedes Mitglied der Stände hat das Recht, in der Kammer,
zu welcher es gehört, Motionen über Gegenstände, welche zu dem
Wirkungskreise der Kammern gehören, zu machen.
Art. 91. Die von einer Kammer abgelehnten Anträge der Re-
gierung, oder der andern Kammer, oder eines Mitglieds der Kammer
können auf demselben Landtag nicht wiederholt werden.
Art. 921). Die Vorbereitung zur Berathung geschieht durch ge-
wählte Ausschüsse.
Art. 93 1)2). Zu einem gültigen Beschluß gehört in der ersten
Kammer die Abstimmung von wenigstens ¼“ derjenigen Mitglieder, welche
einberufen werden mußten und hätten erscheinen können; in der zweyten
Kammer die Abstimmung von wenigstens 27 Mitgliedern und in beiden
Kammern Stimmenmehrheit. ·
Bei Stimmengleichheit entscheidet der Antrag der Regierung, bei
andern Gegenständen die Meinung für das bestehende und bey Be-
lianerden gegen öffentliche Behörden, oder Einzelne, die diesen günstigere
nsicht.
Art. 94. Wenn eine Kammer nicht auf die Art besetzt ist, welche,
nach dem vorhergehenden Artikel, zur Fassung gültiger Beschlüsse er-
fordert wird, so wird die unvollständig besetzte Kammer als einwilligend
in die Beschlüsse der vollständig besetzten angesehen.
1) Vgl. hierzu Anmerkung zu Artikel 76.
*) Durch Gesetz vom 3. September 1849 Art. 24 wurde Art. 93 der Verfassungsurkunde
dahin abgeändert, daß zu einem gültigen Beschlusse der ersten Kammer die Abstimmung
von wenigstens 13 Mitgliedern gehört.
Zur Ausführung des Art. 92 ergingen Gesetze vom 14. Juni 1836 (Regierungsblatt
S. 305) und vom 10. Mai 1842 (ebenda S.237).