288 Reuß ä. L.
8 8. Ist der volljährige Landesherr aus irgend einem Grunde
dauernd verhindert die Regierung anzutreten oder die bereits angetretene
fortzuführen, so tritt für die Dauer der Verhinderung ebenfalls eine
Regentschaft ein.
Diese gebührt zunächst dem zur unmittelbaren Nachfolge berechtigten
volljährigen Prinzen des Fürstlichen Hauses älterer Linie.
Ist ein solcher nicht vorhanden, so kommt die Regentschaft der Ge-
mahlin des an der Regierung verhinderten Landesherrn oder, wenn derselbe
unvermählt, dessen Mutter und — wenn diese nicht mehr am Leben oder
anderweit vermählt oder sonst behindert ist, dem nächsten volljährigen
und regierungsfähigen Agnaten des Fürstlichen Gesammthauses zu.
#6(#9.-Ueber die Nothwendigkeit einer einzusetzenden Regentschaft hat
im Zweifel die Landesregierung mit der zu diesem Behufe einzuberufen-
den Landesvertretung unverzüglich zu entscheiden.
6 10. Sollte bei einem zunächst nach dem regierenden Fürsten zur
Erbfolge berufenen Prinzen eine solche Geistes= oder Körperbeschaffen-
heit sich finden, welche es demselben für immer unmöglich machen würde,
die Regierung des Landes zu führen, so ist über den künftigen Eintritt
der Regentschaft zeitig zu verfügen.
5 11. Die Landesregierung bildet den Regentschaftsrath, welcher in
allen wichtigen Angelegenheiten mit seinem Gutachten zu hören ist.
In Ermangelung einer von dem Fürsten getroffenen Anordnung ist
der Erziehungsplan des Regierungsnachfolgers nur nach Rücksprache mit
dem Regentschaftsrathe festzusetzen.
Die Regierungserlasse der Regentschaft bedürfen zu ihrer Gültigkeit
der in § 36 vorgeschriebenen Gegenzeichnung.
* 12. Die Regierungshandlungen der Regentschaft sind vom Landes-
herrn bei Uebernahme der Regierung nach erlangter Volljährigkeit und
bezugsweise nach Erledigung vorhanden gewesener Behinderungen ebenso
anzuerkennen, wie die jedes anderen legitimen Regierungsvorgängers.
II. Abschnitt.
Von dem Staatsvermögen und dem Kammervermögen.
#5l# 13. Das Staatsvermögen begreift die Gesammtheit derjenigen
Mittel in sich, aus welchen die allgemeinen Landesbedürfnisse, einschließ-
lich der Schuldentilgung, bestritten werden, sowie alles dasjenige, was
dem allgemeinen Nutzen des Staats bleibend gewidmet ist. Den an-
sehnlichsten Theil des Staatsvermögens bilden die Abgaben der Staats-
angehörigen, welche auf dem verfassungsmäßigen Wege der ständischen
Bewilligung und landesherrlichen Genehmigung aufgebracht und zur
allgemeinen Landeskasse eingezogen werden.
Die Grundsteuern sind unveräußerlich. Abschreibung (Caduzirung)
derselben kann nur auf Grund gänzlichen oder theilweisen Untergangs
des Grundstücks, zeitweiser Erlaß wegen Feuer= oder Wasserschadens,
Mißwachses c. vom Landesherrn auf beifälliges Gutachten der Landes-
regierung, im Falle der Caduzirung, mit ständischer Zustimmung bewilligt
werden.