432 Sachsen-Meiningen.
b) durch Anträge der Mitglieder, welche immer schriftlich, so
daß nur der Vorschlag bestimmt ausgedrückt ist, dem Landmarschall zu
übergeben sind, und auf einen blos gelegentlich ausgesprochenen Antrag
kein Beschluß gefaßt werden kann,
c) durch Schreiben und Vorstellungen Anderer, welche aber nur
dann zu einer Berathung gebracht werden dürfen, wenn auf Angabe des
Inhalts und Vorlesen der Bitte ein Abgeordneter dieselbe zu unterstützen
sich erklärt.
Art. 94. Ueber die landesherrlichen Propositionen und Anträge
wird zuerst die Discussion eröffnet, in welcher ein jeder seine Ansichten
zu entwickeln befugt ist. An denselben nehmen die landesherrlichen
Commissarien, so viel ihnen nöthig scheint, Theil. Sie haben aber, wenn
sie die nöthigen Erläuterungen gegeben haben, den Ständen zu fernerer
Berathung ohne ihr Beisein Zeit zu lassen. Auch bleibt den Ständen
das Recht vertraulicher Sitzungen vorbehalten, wo die landesherrlichen
Commissarien nicht zugegen sind.
Art. 951).
Art. 96. Sollte ein Stand sich durch einen Beschluß des Landtags
in seinen wohlerworbenen Rechten beeinträchtigt erachten, so bleibt dem-
selben nachgelassen, bei dem Landesherrn unter Darlegung seiner Gründe
in einer besondern Vorstellung darauf anzutragen, daß dem Beschlusse
die höchste Genehmigung versagt werde.
Ergibt sich bei genauerer Prüfung des Beschlusses eine solche Be-
theiligung und ist derselbe nicht etwa ganz zu verwerfen, so wird der-
selbe zu nochmaliger Berathung und gütlicher Vereinigung an den Land-
tag zurückgewiesen. Kommt auch dann eine Vereinigung nicht zu Stande,
so tritt landesherrliche Entscheidung ein.
Art. 97. Der Landtag legt seine Erklärungen und Wünsche dem
Landesherrn unter der Form: „unterthänigste Erklärung“ — oder „Bitte“
mit der Unterschrift: „die getreuen Stände des Herzogthums“ vor.
Art. 981).
Art. 99. Die Abgeordneten können wegen ihrer Aeusserungen in
der Ständeversammlung nicht zur gerichtlichen Rechenschaft gezogen
werden.
Dem Landtage liegt aber ob, unanständige und verfassungswidrige
Ausdrücke und Erklärungen zu verhüten und zu rügen.
In dieser Hinsicht hat
1. Der Landmarschall das Recht und die Pflicht, jeden, welcher
sich, ohne das Wort zu haben, zum Sprechen drängt, andere
unterbricht, im Reden auf andere nicht zur Sache gehörige
Dinge abschweift und sich Unanständigkeiten erlaubt, zur Sache
und zur Ordnung zu weisen.
Die Ständeversammlung hat dasselbe zu thun, wenn das Be-
tragen eine ernstere Rüge verdient, und sie kann
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1) Art. 95 aufgehoben; vgl. Anmerkung zu Art. 58; ebenso §+5 98.