Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

500 Württemberg. 
Geschäfte erstrecken sollte, welche entweder von der Regierung an sie 
gebracht, oder von der Versammlung selbst durch eine Majorität von 
zwei Dritteilen als dringlich und unaufschiebbar erkannt würden. 
Die Regierung löste diese Kammer durch Verordnung vom 6. No- 
vember 1850 auf und stellte den alten Rechtszustand wieder her. Die 
seither in der Verfassungsurkunde eingetretenen Anderungen betreffen 
vornehmlich: die Ubertragung bestimmter Befugnisse vom Geheimen- 
Rat auf das durch das Verfassungsgesetz vom 1. Juli 1876 gebildete 
Staatsministerium; das obersthoheitliche Schutz= und Aufsichtsrecht über 
die Kirchen; die Zusammensetzung und erweiterte Kompetenz der 
Kammern (Gesetz vom 31. Dezember 1861, 26. März 1868 und 
16. Juli 1906); die Inkompatibilität, die Offentlichkeit der Sitzungen 
beider Häuser, das Recht des Gesetzesvorschlages und die Immunität 
der Ständemitglieder (Gesetz vom 23. Juni 1874). Auf Grund von Art. 3 
dieses Gesetzes regelt jede Kammer selbst innerhalb der verfassungsmäßigen 
Schranken ihre Geschäftsordnung. Die der Kammer der Standesherrn 
zerfällt in zwei Teile: Außere Geschäftsordnung vom 23. Oktober 1841 
mit Normen über die Konstituierung des Hauses, über das Verhältnis 
der einzelnen Kammern zur Regierung und zueinander; — und Innere 
EGeschäftsordnung vom 21. Juni 1876 über das Legitimationsverfahren 
und den inneren Geschäftsgang. Die Geschäftsordnung der Kammer 
der Abgeordneten wurde festgestellt durch die Beschlüsse vom 19. und 
24. Juni 1875. — Für die in den Is 177, 181 und 183 der Verfassungs- 
urkunde vorgesehene „Vertrauliche Vereinigung“ beider Kammern zum 
Zweck einer Ausgleichung verschiedener Ansichten und zur Beratung der 
Abgabenverwilligung enthält § 9 der Geschäftsordnung der Kammer der 
Standesherrn regulierende Bestimmungen. Nach Inhalt derselben kann 
„der Zusammentritt beider Kammern zu vertraulichen Besprechungen, 
so oft es dieselben für dienlich erachten, zufolge freiwilliger Entschließung 
beider Kammern geschehen, mit Ausnahme der in den §§ 181 und 183 
der Verfassungsurkunde vorgesehenen Fälle. Mit der Einladung 
zu einer solchen Besprechung wird die Anzeige des Gegenstandes der- 
selben und die abschriftliche Mitteilung des sie veranlassenden Antrages 
verbunden.“ Der Präsident derjenigen Kammer hat in der Versamm- 
lung die Proposition zu machen, von welcher die Einladung zu dieser 
Besprechung ausging. Von dieser Art der vertraulichen Besprechungen 
ohne Protokollführung und Beschlußnahme unterscheidet sich wesentlich 
die im deutschen Verfassungsrechte seltenere „förmliche Vereinigung“ 
beider Kammern nach § 160, 190, 191, 196 der Verfassungsurkunde, 
worüber die s§§ 3—8 der genannten Geschäftsordnung ausführliche Vor-
	        
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