Württemberg. 501
schriften enthalten. Darnach hat der Präsident der Ersten Kammer
die Sitzung zu eröffnen und zu schließen; er macht die Proposition und
sorgt für die Aufrechterhaltung der Ordnung und des Anstands. Der
Präsident der Zweiten Kammer leitet die Verhandlungen. Im Ver-
hinderungsfalle übernehmen diese Verrichtungen die Ersatzfunktionäre
der betreffenden Kammer. — Die Organisation der Verwaltung und
der Verwaltungsjurisdiktion ruht auf der Verfassung von 1819 und
dem Württembergischen Verwaltungsedikt vom 1. März 1822. Sie
hat seitdem mit Ausnahme der durch das Gesetz vom 6. Juli 1849 in
einigen Punkten modifizierten Organisation der Gemeindebehörden keine
wesentlichen Anderungen erfahren. Das Gesetz vom 16. Dezember 1876
über die Verwaltungsrechtspflege hat nach v. Sarwey #) nur die
in Württemberg seit 1819 bestehende Institution auf den Prinzipien,
welche die Rechtsprechung des Geheimen Rats herausgebildet hat, folge-
richtig entwickelt und ist zum Teil nur eine Kodifikation der von der
Praxis befolgten Grundsätze gewesen. — Württembergs Anschluß an das
neu gegründete Deutsche Reich vollzog sich wie bei den übrigen süd-
deutschen Staaten in Anlehnung an das mit Preußen nach den Kriegs-
ereignissen des Jahres 1866 (am 13. August) geschlossene Schutz= und
Trutzbündnis und mittels des Vertrages vom 8. Juli 1867. Am 25. No-
vember 1870 erfolgte zu Berlin der Abschluß des Vertrages zwischen
dem Norddeutschen Bunde, Baden und Hessen einerseits und Württem-
berg andererseits, womit Württemberg auf Grund der in Versailles
gepflogenen Verhandlungen mit zahlreichen erwirkten Sonderrechten
der Verfassung des Deutschen Bundes beitrat. Die im XI. Abschnitt
derselben enthaltenen, auf das Heerwesen bezüglichen Vorschriften
kommen in Württemberg nur nach Maßgabe und näherer Bestimmung
der am 21./25. November 1870 zwischen dem Norddeutschen Bunde
und Württemberg geschlossenen Militärkonvention in Anwendung. Das
Königreich ist im Bundesrate des Deutschen Reiches durch vier Stimmen,
im Reichstage durch 17 Abgeordnete vertreten.
Verfassungsurkunde vom 25. September 1819.
Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Würtemberg.
Thun kund und zu wissen für Uns und Unsere Nachfolger in
der Regierung: ç
Unseres in Gott ruhenden Herrn Vaters Majestät und Gnaden
haben schon im Jahre 1815 auf die Errichtung einer Staats-Grund-
1) v. Sarwen: Das öffentliche Recht und die Verwaltungsrechtspflege. Tübingen
1880. S. 255.