Metadata: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

90 Pontifikalien — Popularklagen. 
Mit Unrecht spricht man von einer P., wenn der Betrag einer restitutorischen 
Klage zur Bestrafung rechtswidrigen Verhaltens des Beklagten im Prozesse sich erhöht; 
der Wegfall solcher Strafen in unserem Rechte beruht auf der Verschiedenheit des 
Deutschen vom Römischen Prozeßrechte. 
Quellen: Gai IV. 6—9. — Just. Inst. IV. 6 88 16 sq. — Gai III. 182 sq. — Just. 
Inst. IV. 1—5. — Dig. 47. « 
Lit.: Savigny, System, V. S. 210—212; Derselbe, Obligationenrecht, II. S. 82 
bis 84. — Brinz, Pandekten, 2. Aufl., § 85. — Windscheid, Pandekten, § 326. — 
Bethmann-Hollweg, Civ. Prz., II. S. 95. — Francke, Beitr. zur Erläuterung einzelner 
Rechtsmaterien, I. 1 (1828). — Alfred Pernice, Zur Lehre von den Sachbeschädigungen 
(1877), S. 116 ff.; Derselbe, Labeo, II. (1878) S. 100. — Thon, Rechtsnorm und jub- 
jektives Recht (1878), S. 29 ff., 59 ff. Hölder. 
Pontifikalien, jura pontificalia, heißen diejenigen Rechte, welche dem Bischof 
kraft seiner bischöflichen Konsekration zustehen, also aus dem bischöflichen Ordo her- 
fließen, wie die Spendung der Sakramente der Ordination und Firmung, die An- 
fertigung des Chrisma, die Konsekration der Kirchenaltäre und Opfergefäße, die 
Salbung der Könige, die Benediktion der Aebte und Aebtissinnen. Andererseits 
nennt man auch die Insignien, welche der bischöflichen Würde eigen sind, wie z. B. 
die Mitra, den gebogenen Hirtenstab, den Bischofsring, den bischöflichen Thron mit 
dem Baldachin darüber r2c., P. Die Ausübung der Pontifikalrechte und der Gebrauch 
der Pontifikalinsignien ist de jure auf den Sprengel des Bischofs beschränkt, in einer 
fremden Diözese bedarf er für beides immer der Erlaubniß des betreffenden Ordinarius. 
Kraft besonderen Privilegs kann der Gebrauch der P. auch anderen kirchlichen Würden- 
trägern gestattet sein, ferner haben die Kardinäle, welche nicht Kardinalbischöfe sind, 
in Folge des Kardinalats das Vorrecht, sich in den ihre Titel bildenden Kirchen 
der P. zu bedienen. — Endlich versteht man unter P. die kirchlichen Funktionen, 
welche die Bischöfe in feierlicher Pontifikalkleidung, also angethan mit den vollen 
Insignien ihrer Würde, selbst in feierlicher Weise celebriren. P. Hinschius. 
Popularklagen sind diejenigen Forderungen oder Klagerechte, deren Durch- 
setzung im Wege des Civ.Prz. erfolgt, obgleich sie nicht ein privates Recht des ein- 
zelnen, sondern ein gemeinsames Interesse aller Bürger geltend machen. P. sind 
also im Gegensatze zu den dem einzelnen kraft eines Sonderrechtes zustehenden die 
jedem Bürger kraft Bürgerrechtes zustehenden Civilklagen. Auch sie machen ein 
eigenes Recht des Klägers, aber kein ihm ausschließlich eigenes geltend. Dadurch, 
daß die P. nicht ein spezielles Interesse des einzelnen Klägers geltend machen, sind 
sie nothwendig nicht rem persequentes, sondern poenales. Indem die popularis 
actio jedem Bürger als solchem zusteht, steht sie ihm zu nicht als einem Vertreter, 
sondern als einem Mitgliede der Gesammtbürgerschaft, ist also begründet in seiner 
eigenen Person, kommt daher auch ihm für seine Person zugute, so daß er die 
mittels der popularis actio erlangte Summe nicht etwa an den Staat abzuliefern 
hat. Für die „prokuratorische“ Natur der P. beweist nicht 1) der Ausschluß der 
Infamen von ihrer Anstellung und die Unmöglichkeit ihrer Anstellung durch einen 
Kognitor, da beides sich hinreichend dadurch erklärt, daß hier der Kläger nicht als 
Subjekt eines Sonderrechtes, sondern in seiner Eigenschaft als Bürger auftritt. Daß 
sodann 2) die Erhebung der P. ihre erneute Anstellung durch andere Kläger aus- 
schließt, erklärt sich aus der Identität des Rechtsstreites, welcher vermöge der Iden- 
tität des vom Beklagten begangenen Unrechtes und des durch die Klage geltend ge- 
machten Interesses seiner Ahndung hier nicht wie sonst durch Identität der Par- 
teien bedingt ist. 
Die populares actiones sind durchweg prätorischen Ursprungs; die durch die- 
selben geschützten Interessen sind namentlich 1) das religiöse der sanctitas sepuleri 
bei der actio sepuleri violati, sodann 2) das der Freihaltung öffentlicher Straßen 
und Plätze a) bei der actio de dejectis et effusis, de positis et suspensis und der
	        
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