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Art. 83. Zu dessen Geschaͤfts-Sphaͤre
gehoͤren:
a) alle Beschwerden gegen die Prinzen und
Prinzessinnen des koͤniglichen Hauses;
b) alle bloß persönlichen Klagen gegen die-
selben;
0) die Interdiktionen der Prinzen oder Prin-
zessinnen
d) die Ehescheidungen in Beziehung auf
ihre bürgerlichen Wirkungen;
e) die Vormundschafts-Sachen.
Art. 84. Bei persönlichen Klagen wird
zuerst eine gütliche Vereinbarung der Bethei-
ligten versucht. Komme ein Vergleich zu
Stande, und der Koônig hat ihn genehmigt,
so unterbleibt die Zusammenberufung des Fa-
milien= Raths.
Art. 3é. Hat die Zusammenberufung
statt, so wird diese durch ein Dekret an sämt-
liche Mitglieder bekannt gemacht.
Art. 86. Der Justiz-Minister hat bei dem
Familien-Rathe den Vortrag.
Art. 87. Sollte eine gerichtliche Angele-
genheit von grosser Wichtigkeit und Umfange
eintreten, so nimmt der Familien-Rath die
Eigenschaft eines königlichen obersten Gerichts-
hofes an, und alsdenn werden die Präsiden=
ten der obersten Justizstelle und des Appella-
tionsgerichts der Residenzstadt demselben für
diesen Fall beigesezt.
Art. 88. Die beiden Justiz-Präsidenten
besorgen die gesezliche Instrukrion des Ver-
fahrens, und führen den Vortrag.
Art. 80. Der Familien-Rath erkennt in
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der ihm beigelegten Eigenschaft nach den recht-
lichen Verhaͤltnissen des Falles. «
Art. 90. Das Erkenntniß muß von dem
Koͤnige bestaͤtiget werden.
Da wir in dieses Familien-Statut alle jene
Dispositionen aufgenommen haben, welche in
den aͤltern Familien-Gesezen. und Vertraͤgen
Unsers Hauses enthalten, und auf die gegen-
wärtigen Verhälnisse desselben noch anwend-
bar sind, so erklären Wir alle in dem gegen-
wärtigen Geseze nicht ausdrücklich bestärigten
Altern Familien-Geseze und Verträge als auf-
gehoben, und denselben soll künftig keine recht-
liche Wirkung mehr beigelegt werden.
Wir halten Uns als erstes souveraines ks-
nigliches Haupt Unserer Familie hiezu um so
mehr berechtiget, als Wir dadurch Unser k-
nigliches Haus mit dem Wohle Unsers Vol-
kes enger verbunden haben, in welcher Hin-
sicht dieses Familien-Statur insbesondere in
den Disositionen, welche die Erbfolge und
Regentschaft betreffen, als ein Anhang der
Konstitution Unsers Reiches angesehen wer-
den solle, und mit jener einer gleichen Ga-
rantie üÜbergeben wird.
Alle Glieder Unsers königlichen Hauses,
die National: Repräásentation, und alle Lan-
besstellen werden hierauf als auf ein pragma-
matisches Staatsgesez verpflichtet, und zur
genauen Befolgung desselben hiedurch ange-
wiesen.
So gegeben in Unserer Haupt= und Resf-
denzstadt München den 28. Juli 1808.
Mar Joseph.
Freiherr von Montgelas.