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Koͤniglich-Baierisches
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Regictrungsblatt.
IX. Stuͤck.
Muͤnchen, Mittwoch den 27. Maͤrz 1816.
Allgemeine Verordnung.
(Die Rechtsmittel wider Criminal Erkenntniße bet
Staats Perbrechen betreffend.)
Wir Marimilian Joseph,
von Gottes Gnaden König von Baiern.
Wi haben in dem Strafgesezbuche über
Verbrechen und Vergehen Theil II. Artikel
367 — 369. die Vorstände des Criminal=
gerichts berechtiget, wider dessen Erkenne#-
niße das Rechtsmittel der Revision gegen den
Angeschuldigten zu ergreifen; nachdem aber
bei Staats Verbrechen die Rechte des Staats
unmittelbar verlezt werden, und deren Vers
tretung vor Gericht den Kronfiskalen ob-
liegr, so finden Wir Uns bewogen, nach
dem Gutachten Unserer Gesezkommission zu
verordnen, wie folgt:
I.
Bei allen, im Theil I. Buch II. Titel II.
des Strafgesezbuches aufgezählten Staats=
Verbrechen steher den Kronfiskalen das Recht
zu, in den, Theil II. Artikel 368. bestimm-
ten Fällen die Revision wider das Erkenntniß
des Criminalgerichts erster Instanz einzu-
wenden. Die Befugniß der Vorstände der-
Criminalgerichte zur Einwendung der Revi-
sion ist künftig auf die Privat Verbrechen be-
schraͤnkt.
II.
Den Kronfiskalen soll daher bei allen
Staats Verbrechen das Urtheil erster Instanz
sammt Entscheidungsgruͤnden und den Un-
tersuchungsakten vom Criminalgerichte un-
verzuͤglich zugestellt werden.
III.
Der Kronfiskal ist verbunden, inner-
halb des nicht zu verlängernden Termins von
drei Tagen, vom Tage der Zustellung an
gerechner, die Untersuchungsakten an das
Criminalgericht zurückzugeben, und sich zu
erklären, ob er gegen das Erkenntniß die
Rewisson ergreife oder nicht.
V
Erklaͤrt er sich fuͤr die Einwendung der
Revision, so muß er die schriftliche Ausfuͤh-
rung der Gruͤnde innerhalb vierzehn Tagen
bei dem Criminalgerichte erster Instanz ein-
reichen. Dieser Termin darf, nur wegen
unvermeidlicher Hinderniße, auf weitere vier-
zehn Tage erstreckt werden.
V.
Das Urtheib des Criminalgerichts erster
Instanz wird zur Verkündung an den An-
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