Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Verschiedene Mitteilungen. 
Untersuchungen über Schutzimpfung gegen 
Horse-Sickness (Pferdesterbe). 
Von R. Koch. 
(Schlule.) 
Nach diesem ersten Schritt in der Steigerung 
der Virusdosis wurde dann ein weiterer Schritt 
çgetan und den Tieren 0,2 cem Virus, d. h. das 
Vierfache der letzten Dosis, in Kombination mit 
50 cem Serum und vier Tagen Zwischenraum 
injiziert, selbstverständlich nicht vor Ablauf von 
zwölf Tagen nach der letzten Seruminjektion. 
Nachdem auch diese Dosis ohne jede Reaktion 
ertragen war, bin ich zu Injektionen von Virus 
ohne Serum übergegangen, und zwar zunächst 
auf 0,2 cem, bei einigen Tieren auch sofort auf 
— 
Da auch diese Injektionen gut vertragen 
wurden, so hatten die Pferde, welche in der 
geschilderten Weise behandelt waren, nunmehr 
schon einen solchen Grad von Immunität er- 
reicht, dals sie Virusdosen vertrugen, welche 
20- bis 30mal höher sind als 0,01, d. h. die 
einfach tödliche Dosis. Bis jetzt sind 14 Pferde 
#so weit gebracht, dals sie 0,2 bezw. 0,5 Virus 
(allein) ohne Reaktion vertragen, und in wenigen 
Tagen werden die übrigen diese Stufe erreicht 
haben. 
Ob dieser Grad von Immunität ausreichend 
ist, um gegen die natürliche Infektion zu 
schützen, kann nur durch das Experiment ent- 
schieden werden, und es müssen zu diesem 
Zweck derartige Tiere längere Zeit der natür- 
lichen Infektion ausgesetzt werden. Sollte eich 
dabei berausstellen, dals sie noch nicht genü- 
gend immunisiert sind, dann sind sie in der 
angegebenen Weise sehr leicht auf beliebig 
höhere Stufen der Immunität zu bringen, bis 
man zu einer solchen gelangt, welche auch 
gegen die natürliche Infektion absoluten Schutz 
gewährt. Dasselbe gilt von der Dauer dieser 
künstlichen Immunität. Wenn dieselbe sich bei 
der Prüfung in der Praxis als zu kurz ergeben 
sollte, dann kann sie durch gelegentliche In- 
jektionen von Virus immer wieder aufgefrischt 
werden. 
Bei dem Arbeiten mit Virus ohne Serum ist 
nur zu berücksichtigen, dafs man, soweit meine 
bisherigen Erfahrungen reichen, die Dosen nicht 
% eschnell steigern kann wie bei der Kombi- 
nation von Virus mit Seram. Bei letzterer 
änn man unbedenklich zu fünf- bis zehnfach 
höheren Dosen übergehen. Bei Anwendung von 
irus allein bin ich in der Regel nur um das 
boppelte gestiegen. Vielleicht bin ich hierbei aber 
auch in der Vorsicht zu weit gegangen, weil 
ich bei der geringen Zahl meiner Versuchstiere 
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so wenig als möglich verlieren wollte. Es würde 
Sache späterer Versuche sein, zu prüfen, ob 
man nicht auch mit dem Virus allein erheblich 
schneller steigen kann. 
Sollte es etwa notwendig werden, über 10 cem 
Virus hinauszugeben, dann würde es nicht mehr 
angängig sein, das konservierte Virus zu be- 
mutzen, weil dasselbe zu viel Glyzerin enthält; 
man mülste in diesem Falle frisches Blut oder 
solches verwenden, welches aseptisch unter Zu- 
satz von Kaliumzitrat zur Verhütung der Ge- 
rinnung in Gläsern aufgefangen ist und sich 
unter Parafffnverschlufe monatelang in flüssigem 
Zustande und vollkommen wirksam auf- 
bewahren lälst. 
Das Schema zum künstlichen Immunisieren 
gegen Horse-sickness gestaltet sich nach den 
bisherigen Erfahrungen also folgendermalsen: 
I. Stufe 0,01 cem Virus subkutan am Halse, 
vier Tage Intervall. 
100 cem Serum (auf derselben Seite sub- 
kutan eine Handbreit tiefer injiziert 
als das Virus), 
zwölf Tage Pause. 
II. 0,05 cem Virus, 
vier Tage Intervall. 
50 ccm Serum, 
7zwölf Tage Pause. 
0,2 ccm Virus, . 
vier Tage Intervall. 
50 cem Serum, 
zwölf Tage Pause. 
IV. 0,5 ccm Virus, 
zwölf Tage Pause. 
V. 1,0 ccm Virus, 
zwölf Tage Pause. 
VI. 2 cem Virus, 
zwölf Tage Pause. 
VII. 5 cem Virus usw. 
Die in diesem Schema angegebenen Dosen 
gelten natürlich nur für das von uns gebrauchte 
Virus und Serum. Aber mit wenigen Versuchen 
kann für jedes andere Virus und Serum die- 
jenige Dosis ermittelt werden, welche für die 
erste Stufe die geeignetste ist. Gerade auf diese 
kommt es offenbar am meisten an, weil durch 
dieselbe die wichtige Grundimmunität geschaffen 
wird. Unsere Tiere reagierten, wenn sie es 
überhaupt taten, nur auf dieser Stufe; bei den 
epäteren haben wir niemals mehr eine Reaktion 
beobachtet. 
Hält man sich dann ganz genau an das 
Schema, unter Berückeichtigung der etwa erfor- 
derlichen Modiffkation der Dosen, dann wird 
voraussichtlich die Immunisierung mit gar 
keinem Verluste an Pferden verbunden sein. 
Man kann aber, wenn man die Vorsicht noch 
weiter treiben will, als ich es getan habe, der
	        
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