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fortbestehend zu betrachten seyen, verordnen Wir hiermit, unter Beirath und
Zustimmung des getreuen Landtages, wie folgt:
§. 1.
Die Judenordnung vom 20. Juni 1823, sowie der Nachtrag zu dersel-
ben vom 6. Mai 18833, sind aufgehoben. An ihrer Statt gelten über die
Rechtsverhältnisse der Juden in dem Großherzogthume folgende Bestimmungen.
g. 2.
Alle jüdische Staatsbürger des Großberzogthumes haben mit den übri-
gen Staatsbürgern gleiche Rechte und gleiche Verbindlichkeiten. In allen
Beziehungen zu dem Staate, zu den Gemeinden, ingleichen in allen privat-
rechtlichen Verhältnissen sind sie den übrigen Staatsbürgern gleich gestellt.
Auch in Ansehung der freien Religions-Ausübung stehen sie unter densel-
ben Gesetzen und Behörden, wie die übrigen Staatöbürger.
g. 3.
Ebenso genießen auch die einem andern deutschen Reichslande angehöri-
gen Juden dieselben Rechte im Großherzogthume, welche die christlichen Staats-
bürger desselben Landes im Großherzogthume genießen.
#. 4.
Bei der Aufnahme als Staatsangehöriger des Großherzogthumes muß
jeder Jude, dem inländischen gleich, einen Familiennamen haben oder an-
nehmen.
g. 5.
Die Judengemeinden bestehen nur noch als Religions-Gesellschaften und
behalten in letzterer Eigenschaft ihre Vermoͤgensbestaͤnde. Die Mitgliedschaft
der politischen Gemeinden erlangen die Juden unter denselben Bedingungen,
wie die Glieder anderer Religions-Gesellschaften.
g. 6.
Die Rechte, welche dem Staate gegenüber den Religions-Gesellschaften
überhaupt zustehen, übt auch den jüdischen Religions-Gesellschaften gegenüber
das Staats-Ministerium, bezüglich durch geeignete, ihm untergeordnete Be-
amte aus.
g. 7.
An denjenigen Orten, in welchen besondere jüdische Schulen nicht be-
stehen, sind die jüdischen Einwohner an die öffentlichen Ortsschulen gewiesen,
den Religions-Unterricht ausgenommen.