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nicht erwiesen sey, oder daß Umstände vorliegen, welche die Strafbarkeit auf-
heben.
Privatrechtliche Ansprüche, welche dem Strafverfahren angeschlossen wa-
ren, sind in diesen Fallen zu etwaiger weiterer Verfolgung vor dem Gidil-
Richter vorzubehalten.
Der durch das Urtheil Freigesprochene ist, wenn er verhaftet war, sofort
in Freiheit zu setzen, sofern nicht noch ein anderer Grund zu seiner Verhaf-
tung vorliegt, oder die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels in den Weg
tritt (Art. 321).
Der Freigesprochene kann wegen desselben Verbrechens nicht noch einmal
in Anklage genommen und vor Gericht gezogen werden; vorbehältlich der Fülle,
wo eine Wiederaufnahme der Untersuchung zulässig ist (Art. 335, 336).
Art. 255.
Ergibt die Hauptverhandlung, daß der Angeklagte einer anderen That
oder eines anderen Verbrechens schuldig ist, als in dem Verweisungserkenntnisse
enthalten ist, so wird derselbe, vorbehältlich der in dem folgenden Artikel ge-
ordneten Ausnahmen, zwar von der erhobenen Anklage freigesprochen, es bleibt
jedoch dem Staatsanwalte die weitere Verfolgung der anderen That oder des
anderen Verbrechens vorbehalten und es ist auf seine diesfallsigen Anträge das
Geeignete zu verfügen.
Stimmen jedoch der Staatsanwalt und der Angeklagte überein, daß die
andere That oder das andere Verbrechen sofort abgeurtheilt werde, so bat
sich das Gericht der Urtheilsfällung darüber alsbald zu unterziehen; es sey
denn, daß es dafür hält, daß die Sache nunmehr vor ein Geschwornengericht
gehöre, welchen Falles es dieselbe vor die Anklagekammer des Appellations-Ge-
richtes zur Ertheilung eines anderweiten Verweisungserkenntnisses zu verwei-
sen hat.
Art. 256.
Ergibt die Hauptverhandlung, daß zu dem in dem Verweisungserkenntnisse
bezeichneten Verbrechen erschwerende Umstande hinzutreten, welche daöselbe zu
einem ausgezeichneten Verbrechen derselben Art machen, oder die Anwendung
eines höheren gesetzlichen Strafsatzes bei demselben Verbrechen rechtfertigen, so
hat das Gericht über das Verbrechen in dieser Beschaffenheit abzuurtheilenz
es sey denn daß wegen der neu hervorgetretenen erschwerenden Beschaffenbeit
die Zurückweisung der Sache in die Voruntersuchung für angemessen erachtet