Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1850. (34)

874 
V. Berathung und Abstimmung der Geschwornen. 
Art. 289. 
Die Berathung der Geschwornen leitet ein von ihnen aus ihrer Mitte 
zu wählender Obmann. Bei dieser Wahl entscheidet einfache Stimmenmehr- 
heit und bei Stimmengleichheit das Loos. 
Der Obmann hat vor der Berathung den Geschwornen folgende Instruktion 
vorzulesen: 
Das Gesetz sordert von den Geschwornen keine Rechenschaft über die Gründe, 
durch welche sie sich überzeugt haben. Es schreibt ihnen keine Regeln 
vor, von welchen sie die Vollständigkeit eines Beweises abhängig machen 
sollen. Es schreibt ihnen aber vor, mit Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt 
zu prüfen, welchen Eindruck die wider den Angeklagten vorgebrachten Be- 
weise und die Gründe seiner Vertheidigung auf ihre Urtheilskraft gemacht 
haben. 
Das Gesetz sagt ihnen nicht: ihr müsset jede Thatsache für wahr hal- 
ten, die von dieser oder jener Zahl von Zeugen bekundet wird. Es sagt 
ihnen eben so wenig: ihr dürft nicht einen Beweis als hinreichend geführt 
ansehen, der nicht auf diesen oder jenen Urkunden, auf so und so viel 
Zeugen oder Anzeigen beruht. Es richtet an sie die einzige Frage: seyd 
ihr durch die vorgelegten Beweise vollkommen überzeugt, daß der Ange- 
klagte des Verbrechens, welches man ihm zur Last legt, schuldig sey 
oder nicht. 
Der Obmann hat ferner den Geschwornen noch die folgenden Art. 291, 
292, 293 vorzulesen. 
Die Instruktion und die letztgedachten Artikel sollen in dem Berathungs- 
zimmer der Geschwornen in mehren Exemplaren angeschlagen seyn. 
Art. 290. 
Das Berathungszimmer wird nach Anordnung des Präsidenten bewacht. 
Kein Geschworner darf dasselbe ohne schriftliche Erlaubniß des Präsiden- 
ten verlassen. Im Uebertretungsfalle erkennt der Gerichtshof auf eine Geld- 
buße bis zu funfzig Thalern, ohne daß ein Rechtsmittel dagegen zulässig ist. 
Kann ein Geschworner der Berathung nicht bis zu Ende beiwohnen, so ldßt 
ihn der Präsident auf erhaltene Anzeige durch einen Ersatzgeschwornen (Art. 280) 
ersetzen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.