144
Art. 575.
Für die Tage, während welcher der Verfrachter wegen Verhinderung der Lie-
ferung jeder Art von Ladung hat länger warten müssen, gebührt ihm Liegegeld,
selbst wenn die Verhinderung während der Ladezeit eingetreten ist. Dagegen ist für
die Tage, während welcher er wegen Verhinderung der Uebernahme der Ladung hat
länger warten müssen, Liegegeld nicht zu entrichten, selbst wenn die Verhinderung
während der Ueberliegezeit eingetreten ist.
Art. 576.
Sind für die Dauer der Ladezeit nach Art. 569 die örtlichen Verordnungen
oder der Ortsgebrauch maßgebend, so kommen bei Berechnung der Ladezeit die bei-
den vorstehenden Artikel nur insoweit zur Anwendung, als die örtlichen Verordnun-
gen oder der Ortsgebrauch nichts Abweichendes bestimmen.
Art. 577.
Hat der Verfrachter sich ausbedungen, daß die Abladung bis zu einem be-
stimmten Tage beendigt sepn müsse, so wird er durch die Verhinderung der Liefe-
rung jeder Art von Ladung (Art. 574 Ziff. 1) zum längeren Warten nicht ver-
pflichtet.
Art. 578.
Soll der Verfrachter die Ladung von einem Dritten erhalten, und ist dieser
Dritte ungeachtet der von dem Verfrachter in ortsüblicher Weise kundgemachten Be-
reitschaft zum Laden nicht zu ermitteln, oder verweigert er die Lieferung der La-
dung, so hat der Verfrachter den Befrachter schleunigst hiervon zu benachrichtigen
und nur bis zum Ablauf der Ladezeit, nicht auch während der etwa vereinbarten
Ueberliegezeit, auf die Abladung zu warten, es sey denn, daß er von dem Befrach-
ter oder einem Bevollmächtigten desselben noch innerhalb der Ladezeit eine entgegen-
gesetzte Anweisung erhält.
Ist für die Ladezeit und die Löschzeit zusammen eine ungetheilte Frist be-
stimmt, so wird für den oben erwähnten Fall die Hälfte dieser Frist als Ladezeit
angesehen.
Art. 579.
Der Verfrachter muß auf Verlangen des Befrachters die Reise auch ohne die
volle bedungene Ladung antreten. Es gebührt ihm aber alsdann nicht allein die
volle Fracht und das etwaige Liegegeld, sondern er ist auch berechtigt, insoweit ihm
durch die Unvollständigkeit der Ladung die Sicherheit für die volle Fracht entgeht,
die Bestellung einer anderweitigen Sicherheit zu fordern. Außerdem sind ihm die
Mehrkosten, welche in Folge der Unvollständigkeit der Ladung ihm etwa erwachsen,
durch den Befrachter zu erstatten.