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Ministerial-Bekanntmachung.
Mit Bezugnahme auf §. 13 des Gesetzes über die Schutzpockenimpfung
vom 26. Mai 1826, verglichen mit der Ministerial-Bekanntmachung vom 10.
Juli 1856, die Varioloiden betreffend, werden hierdurch diejenigen Maßregeln zur
öffentlichen Kenntniß gebracht, welche bei dem Ausbruche von Pocken und Varioloiden
zukünftig im ganzen Großherzogthume gleichmäßig zur Amwendung kommen sollen.
1) Jeder Arzt, welcher Pocken= oder Varioloiden-Kranke in Behandlung be-
kommt, soll bei Vermeidung disziplinarer Strafe verpflichtet seyn, über die Natur
der Krankheit, sowie über die bezüglichen gesetzlichen Bestimmungen im §. 13 des
gedachten Impfgesetzes dasjenige Familienmitglied zu belehren, welchem die betreffende
Anzeige über den Ausbruch der Krankheit bei dem Ortsvorstande, bei Fünf Thaler
Geldbuße oder entsprechender Gefängnißstrafe im Unterlassungsfalle, zunächst obliegt.
2) Sobald der Ausbruch der Pocken oder Varioloiden an einem Orte durch
erlangte eigene Ueberzeugung des betreffenden Physikus konstatirt ist, hat derselbe
darauf zu achten, daß alle nicht oder noch nicht mit genügendem Erfolge geimpften
Kinder des Ortes, vorausgesetzt, daß ein ärztliches Bedenken nicht entgegensteht,
binnen kürzester Frist geimpft werden. Gleichzeitig ist auch die Wiederholung der Im-
pfung allen Denen dringend anzuempfehlen, welche vor länger als 10 bis 15
Jahren die Kuhpocken bestanden haben. (Vergleiche Ministerial-Bekanntmachung vom
10. Juli 1856, die Anempfehlung der Revaccination betreffend).
3) Ferner hat der Physikus durch Vermittelung des Gemeindevorstandes an-
zuordnen:
a) daß eine mit dem groß und deutlich geschriebenen oder gedruckten Worte
„Blatternhaus“ versehene Tafel an die äußere Seite der Hausthüre oder
neben dieselbe angenagelt werde;
b) daß die in dem Blatternhause wohnenden Schulkinder den Besuch der Schule
einstellen und
c) daß die sämmtlichen Bewohner des Hauses nach Befinden unter Strafan-
drohung angewiesen werden, öffentliche Häuser und Versammlungsorte gänz-
lich, überhaupt aber den Verkehr mit anderen Personen möglichst zu ver-
meiden.
Diese Vorschriften unter a, b und c sind je nach ärztlicher Beurtheilung des
betreffenden Falles auf vier bis sechs Wochen, vom ersten Ausbruche der Krankheit
an gerechnet, auszudehnen.
4) Nach Beendigung der Krankheit, also in der Regel nach drei bis vier
Wochen, ist anzuordnen, daß die Leib= und Bett-Wäsche, welche während dem in Ge-