Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1872. (56)

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§. 8. 
Der Vormund soll bemüht sein, daß dem Mündel angemessene Unterkunft, 
Nahrung, Kleidung, Verpflegung und sonstige Nothdurft, auch in Krankheitsfällen 
die nöthige Wartung, ärztliche Hilfe und Arznei verschafft, insbesondere bei unehe- 
lichen Kindern, daß der Erzeuger zu Leistung dessen, wozu er nach den Gesetzen 
vom 13. April 1829 und 6. Juni 1853 verbunden ist, angehalten wird; er soll 
an Stelle der Eltern für die gebührende Erziehung des Mündels sorgen, denselben 
zur Kirche und Schule fleißig anhalten und bei zunehmenden Jahren ihm eine den 
Neigungen und Fähigkeiten, dem Stand und Vermögen entsprechende Berufsbildung 
zu verschaffen suchen. 
Wenn der Vermögensabwurf des Mündels zur Bestreitung der Unterhaltungs- 
und Erziehungskosten oder des Aufwandes, wodurch demselben ein gesicherter Lebens- 
unterhalt verschafft werden soll, nicht ausreicht, so hat der Vormund bei dem Vor- 
mundschaftsgericht um die Genehmigung nachzusuchen, daß zur Beschaffung der er- 
forderlichen Mittel das Stammvermögen angegriffen werde. 
Können die wesentlichen und unentbehrlichen Bedürfnisse zum Lebensunterhalte 
ganz oder theilweise überhaupt nicht aus den eignen Mitteln des Mündels bestritten 
werden, so ist vom Vormund Sorge zu tragen, daß demselben die gesetzliche Un- 
terstützung von den dazu verpflichteten Verwandten obder der Unterstützungsgemeinde 
gewährt wird. 
Will der Vormund selbst den Mündel in Kost und Verpflegung nehmen, so 
muß er solches dem Vormundschaftsgericht anzeigen und sich von demselben das 
Kostgeld und die übrigen Bedingungen bestimmen lassen, oder gewärtig sein, daß 
bei der Abnahme seiner Rechnung diese Ausgaben nach der Billigkeit ermäßigt 
werden. 
Der Mündel ist dem Vormund Ehrerbietung und Gehorsam schuldig; dieser 
kann ihn mit aller erforderlichen Strenge zurechtweisen, auch dem Gemeindevorstand 
und nöthigenfalls dem Vormundschaftsgericht Anzeige machen, damit schärfere Maß- 
regeln gegen denselben genommen werden. 
8. 9. 
Bei der Wabl des Berufs hat der Vormund neben den etwaigen Anordnungen 
der Eltern die Wünsche des Mündels wie dessen Fähigkeiten, Vermögen und die 
sonstigen Verhältnisse sorgsam in Erwägung zu ziehen, auch, soweit thunlich, mit 
den nächsten Verwandten desselben sich zu berathen. 
Ebenso soll er, bevor er seine Einwilligung zum Verlöbniß und zur Verehe-- 
lichung seines Mündels ertheilt, sorgsam die Verhältnisse prüfsen und wenn danach
	        
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