Object: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

9. Bänemark. 
Ende Jan. Die beiden Thinga des Reichstags einigen sich über ein Gesetz, 
welches die verfassungsmäßige Stellung Islands innerhalb der Gesammt- 
monarchie dahin bestimmt: daß solange Island im Reichstag nicht vertreten 
ist, es für die gemeinsamen Bedürfnisse der Staatscasse keinen Beitrag zu 
liefern hat. Dagegen wird zur Bestreitung der besondern Ausgaben Islands 
ein jährlicher Beitrag von 30,000 Rd., und außerdem während der Dauer 
von zehn Jahren ein außerordentlicher jährlicher Zuschuß von 20,000 Rdn. 
aus der dänischen Staatscasse versprochen, dergestalt, daß dieser letztere Zuschuß 
nach Ablauf jener 10 Jahre jährlich um 1000 Rd. herabgesetzt wird, mithin 
nach 30 Jahren gänzlich in Wegfall kommen soll. Außerdem werden die 
Kosten für die Centralverwaltung der isländischen Angelegenheiten in Kopen- 
hagen und ebenso die Postverbindung zwischen Dänemark und Island aus 
der dänischen Staatscasse bestritten. 
21. März. Beide Thinga einigen sich schließlich über das Budget, womit 
der Reichstag seine Tractanden wesentlich erledigt hat. 
2. Mai. Der Ministerpräsident erwidert einer Deputation, welche die Re- 
22. 
gierung zu einer energischen Initiative in der nordschleswigschen Frage 
auffordert, dieselbe könne nicht im entferntesten daran denken, diese 
Frage jetzt zum Gegenstande diplomatischer Verhandlungen aufzuwerfen. 
„ Ein kgl. Rescript an den Kammerherrn Bille fordert denselben auf, 
als Regierungscommissär ad interim die Verwaltung der westindischen 
Inseln zu übernehmen und dieselbe „in freisinnigem Geiste und in der 
Richtung zu führen, die den reiflich überlegten Wünschen der Bevöl- 
kerung entspricht". 
1. Juli. Eröffnung des Althings der Insel Island durch den kgl. Commissär. 
Nach seiner Darlegung soll demselben neuerdings ein Entwurf zu einer 
Specialverfassung für die Insel vorgelegt werden, in welcher die Regierung 
den Wünschen der Bevölkerung möglichst entgegen komme, namentlich das 
Althing aus einer berathenden eine beschließende Versammlung werde. Zugleich 
aber wird erklärt, daß dieß der letzte Versuch sei, mit dem Althing in dieser 
Frage zu einer Uebereinkunft zu gelangen. Die Mehrheit des Althings scheint 
aber auch diesem Vorschlage wenig geneigt entgegen zu kommen: derselbe wird 
an einen Ausschuß gewiesen, der aus 7 Gegnern und nur 2 einem Ausgleich 
mit der Regierung geneigten Mitgliedern besteht. Die Majorität steht auf
	        
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