Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1874. (58)

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säumnisse sind nach halben Tagen zu berechnen. Versäumte einzelne Schul- 
stunden sind vorzumerken und zu halben Tagen zusammenzuzählen. Drei 
Stunden gelten für einen halben Tag. 
Auf Grund der Versäumnißlisten stellt der Lehrer am Schlusse eines 
jeden Monats die Versäumnißtabelle auf und reicht dieselbe dem Schul- 
vorstande ein. 
In diese Tabelle sind nur diejenigen Versäumnisse aufzunehmen, hinsicht- 
lich welcher nach dem Urtheile des Lehrers ein Verschulden der Eltern oder 
Erzieher vorliegt. 
6) Der Schulvorstand prüft die eingereichte Versäumnißtabelle. 
Eltern und Erzieher, denen zwar ein Verschulden hinsichtlich der Schul- 
versäumniß ihrer Kinder und Pflegebefohlenen nach dem Urtheile des Schul- 
vorstandes beizumessen ist, welche aber wegen Schulversäumniß der Kinder noch 
nicht in Strafe genommen worden sind, ladet der Schulvorstand zum Erscheinen 
vor ihm vor, verwarnt dieselben mit Bezugnahme auf §. 11 des Volksschul- 
gesetzes und ermahnt sie, über den regelmäßigen Schulbesuch ihrer Kinder und 
Pflegebefohlenen künftig gehörig zu wachen. Bleibt diese Verwarnung fruchtlos, 
so erläßt der Schulvorstand eine Strafauflage gegen sie, mittelst deren eine 
nach §. 11 des Volksschulgesetzes zu bemessende Geldstrafe unter dem Bedeuten 
angefordert wird, daß im Nichtzahlungsfalle binnen kurzer, in der Strafauflage zu 
bezeichnender Frist die Sache zur gerichtlichen Weiterverfolgung werde abgegeben 
werden. 
Erfolgt die Zahlung der angeforderten Strafe nicht, so giebt der Schul- 
vorstand die Sache zur Weiterverfolgung an den zuständigen Staatsanwalts- 
Vertreter ab (Vergl. Art. 8). 
Auch ist der Lehrer wie der Schulvorstand befugt, die säumigen Kinder 
in die Schule abholen zu lassen. 
7) Wenn Eltern oder Erzieher in Pflichtvergessenheit das Wohl der 
Kinder derart verabsäumen, daß sie auch nicht durch wiederholte Bestrafung 
dazu vermocht werden, die Kinder zum regelmäßigen Besuche der Schule anzu- 
halten, und diese ungerechtfertigten Schulversäumnisse einen Umfang annehmen, 
der als eine Verwahrlosung der Erziehung der Kinder erscheint, so ist von dem 
Schulvorstande bei dem Vormundschaftsgericht der Antrag zu stellen, daß den 
Eltern oder deren Stellvertretern die Erziehung der Kinder ganz entzogen und 
anderen Händen anvertraut werde. (Vergl. §§. 16 und 82 des Gesetzes über 
die elterliche Gewalt und das Vormundschaftswesen vom 27. März 1872.)
	        
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