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Im Anschluß hieran schreibt der § 4 Ziffer 5 der Control-Ordnung vom
28. September 1875 — Central-Blatt für das Deutsche Reich Seite 632 —
vor, daß von „jeder Verurtheilung“ Militärpflichtiger dem Civil-Vorsitzenden
der Ersatz-Kommission des Aushebungs- Bezirks Kenntniß zu geben sei. Eine
Ausnahme bezüglich der wegen Uebertretungen erkannten Strafen ist in
den erwähnten Vorschriften nicht nachgelassen.
Seitens des Königlich Preußischen Herrn Kriegs-Ministers wird Werth
darauf gelegt, daß die Vollstreckung gerichtlich verhängter Uebertretungsstrafen
durch die Militärbehörden thunlichst vermieden werde und zur Verhütung einer
Aushebung von Personen, welche solche Strafen zu verbüßen haben, die Hülfe
der Justiz-Behörden in Gemäßheit des § 2 Ziffer 4 und § 4 Ziffer 5 der
Control-Ordnung vom 28. September 1875 in Anspruch genommen.
Demzufolge werden, soweit es sich um gerichtliche Verurtheilungen
von Militärpflichtigen — vgl. § 10 des Reichs-Militär-Gesetzes vom
2. Mai 1874 und §§ 20 und 26 Ziffer 4 der Ersatz-Ordnung vom 28. Sep-
tember 1875 — handelt, die entsprechenden Mittheilungen Seitens der Unter-
suchungs- Gerichte in Zukunft auch da zu erlassen sein, wo die Verurtheilung
wegen einer Uebertretung erfolgt ist.
« Zu diesem Zwecke ist darauf zu halten, daß auch bei Uebertretungs-
Untersuchungen in allen Fällen, in denen ohnehin für die Zwecke der Unter—
suchung eine Vernehmung des Beschuldigten, sei es im Vorverfahren, sei es
im Verhandlungstermine erfolgt, dieselbe zugleich auf die Ermittelung der
Militärverhältnisse gerichtet werde. Dagegen werden selbstverständlich die Be—
nachrichtigungen unterbleiben müssen, wo das Untersuchungs-Gericht nicht in
der Lage ist, Kenntniß über die Militärverhältnisse des Beschuldigten zu er-
langen, weil entweder die Zwecke der Untersuchung eine Vernehmung des Be-
schuldigten entbehrlich machen oder vermöge der besonderen Art des Verfahrens
— z. B. im Mandats-Verfahren — derartige Vernehmungen überhaupt nicht
stattfinden.
Die betheiligten Gerichts-Behörden haben sich hiernach zu achten.
Weimar, 15. Oktober 1878.
Großherzoglich Sächsisches Staats-Ministerium,
Departement der Justiz.
dr. K. Brüger i. V.