Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1882. (66)

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Was die rechtliche Bedeutung und die Wirkungen des bezeichneten Ver- 
fahrens anbetrifft, so finden auf dasselbe durchweg die für richterliche Amts- 
handlungen geltenden Bestimmungen der Britischen Gesetze Anwendung. Die 
zu vernehmende Person kann ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit zum 
Erscheinen vor dem ernannten Kommissar und zur Abgabe des Zeugnisses 
innerhalb der Grenzen, in welchen das letztere nach dem Recht des betreffenden 
Gebiets erzwingbar ist, genöthigt werden. Ein vor dem Kommissar falsch ge- 
leisteter Eid ist innerhalb des Britischen Reichs als Meineid nach Maßgabe 
der dortigen Gesetze strafbar und kann daher zutreffenden Falls auch in Deutsch- 
land auf Grund der Bestimmung in § 4 Nr. 3 des Strafgesetzbuchs verfolgt 
werden. 
In Gemäßheit der angeführten Gesetze ist der Kaiserliche Generalkonsul 
in London, wenn er von einem Deutschen Gericht um Herbeiführung einer Be- 
weisaufnahme in Großbritannien und Irland ersucht wird, in der Lage, sich 
selbst oder einer dritten Person, insbesondere einem anderen Deutschen Konsular- 
beamten, die Ermächtigung zur Erledigung des Ersuchens ertheilen zu lassen. 
Es erwächst hieraus der Vortheil, daß der als Kommissar bestellte Konsul 
bei Erledigung des Ersuchens auf die Vorschriften der Deutschen Gesetze (z. B. 
bezüglich des Rechts der Parteien den Verhandlungen beizuwohnen) thunlichst 
Rücksicht nehmen kann. Auch läßt sich nach den Erfahrungen des Kaiserlichen 
Generalkonsuls in London die Erledigung der Requisitionen auf dem vorstehend 
bezeichneten Wege ohne erheblichen Zeitaufwand und ohne übermäßige Kosten 
bewerkstelligen. 
Bei dieser Sachlage empfiehlt es sich, daß die Deutschen Gerichtsbehörden 
ihre Ersuchungsschreiben wegen einer Beweisaufnahme in Großbritannien und 
Irland ausschließlich an den Kaiserlichen Generalkonsul in London richten, 
welcher für die Erledigung in der angegebenen Weise auch dann, wenn die 
Eidesabnahmen oder eidlichen Vernehmungen außerhalb Londons stattfinden 
sollen, Sorge tragen und die Rücksendung der erwachsenen Verhandlungen und 
Schriftstücke ermitteln wird. 
In Strassachen nicht politischen Charakters ist übrigens auf Grund der 
Parlamentsakte 36 und 37 Vict. C. 60 sect. 5 auch die Möglichkeit ge- 
geben, durch einen auf diplomatischem Wege zu erwirkenden Befehl eines 
„Secretary of State“ die Aufnahme des Zeugenbeweises einem Polizei= oder 
Friedensrichter übertragen zu lassen. Sollten aus besonderen in der Sache 
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