Eisenbahnen (IV. Frachtrecht)
ort, abzüglich der auf dem Gute ruhenden Zölle,
Kosten und Fracht, während die E. haftet für den
Wert des Gutes am Versandorte, zuzüg-
lich der vorgenannten Beträge. Weiter werden
Bestimmungen über die Haftung für Verlust oder
Beschädigung von Reisegepäck (§ 465) und be-
sondere Bestimmungen über Haftung für Ver-
säumung der Lieferfrist gegeben, die mehr ins
einzelne gehen, als die Bestimmungen für den
gewöhnlichen Frachtführer (5 466). Nach § 467
ist jede Haftpflicht auf Grund des Frachtvertrags
ausgeschlossen, wenn Gegenstände, die von der Be-
förderung ganz ausgeschlossen sind oder nur unter
besonderen Bedingungen befördert werden (be-
tricbsgefährliche Gegenstände) unter unrichtiger
oder ungenauer Bezeichnung zur Beförderung
aufgegeben werden. Die weiteren Paragraphen
behandeln die Geltendmachung der Ansprüche
bei Beförderung eines Guts über mehrere E. so-
wie die Verjährung. Nach & 471 können eine
Reihe von Bestimmungen über die Verpflich-
tungen der E. durch die E# O oder durch Verträge
nicht geändert werden. Der F472 setzt fest, daß die
Vorschriften über die Beförderung von Personen
durch die Verkehrsordnung getroffen werden, der
§*473, daß die Kleinbahnen nur mit gewisser Ein-
schränkung den Bestimmungen des HGB oder
der Verkehrsordnung unterworfen sind.
Besondere Bestimmungen des HG#B über das
Frachtgeschäft der Eisenbahnen befinden
sich zuerst in dem früheren deutschen Handels-
gesetzbuch, in das sie bei der dritten Lesung
auf Grund von Anträgen der E. ausgenommen
worden sind. — Früher galten für das Fracht-
geschäft der E. dieselben Bestimmungen, wie für
das Frachtgeschäft des gewöhnlichen Frachtfüh-
rers. Die E. aber hatten sich in ihren sog. Be-
triebsreglements über einheitliche Be-
dingungen für die von ihnen abgeschlossenen
Frachtverträge verständigt, denen sich die Ver-
frachter bei Ausstellung des Frachtbriefs unter-
warfen.
§5 3. Die Eisenbahnverkehrsorduung.
a) Begriff und geschichtliche Entwickelung.
I. Unter E. Verkehrsordnung, früher E. Betriebs-
reglement, versteht man Bestimmungen über die
Beförderung von Personen und Gü-
tern und die hieraus entstehenden gegenscitigen
Rechte und Pflichten der E. und der diese be-
nutzenden Personen.
1. Die Aufstellung solcher Reglements zeigte sich schon in
den ersten E. Zeiten als ein Bedürfnis, einmal wegen der Be-
sonderheiten, dann aber auch wegen der Massenhaftigkeit des
E. Transports, die es untunlich machte über jeden einzelnen
Transport eine besondere Vereinbarung mit dem Verfrachter
abzuschließen. Vornehmlich in Deutschland machten die E.
von diesem Rechte einen weitgehenden Gebrauch, indem
fast jede ein besonderes Reglement für die ihr unterstellten
Linien zur Einführung brachte. Als dann das E.Net sich
verdichtete, der Verkehr von einer Bahn zur anderen zunahm,
ergab sich auch das Bedürsnis, die verschiedenartigen Be-
stimmungen der einzelnen Reglements mehr einheitlich und
gleichartig zu gestalten. Es geschah dies zunächst durch die
E. Berbände l1/1, die gemeinschaftliche Reglements ver-
einbaiten und zur Einführung brachten; insbesondere wor
es der größte dieser Verbände, der Verein deutscher E. Ver-
waltungen, der schon 1847 über Normativbestim-
mungen für Personen-, Gepäck., Equipagen-, Pferde-
und Viehbe förderung beriet. Diese Normativbestimmungen
woren aber nicht gültig für den Verkehr zwischen den Ver-
einsbahnen, sondern die einzelnen Berwaltungen verpfiich-
teten sich nur, sie bis zum 1. 1. 49 in ihre besonderen Regie-
ments aufzunehmen. (Vgl. Festschrift über die Tätigkeit
des Vereins deutscher E. Verwaltungen 1846—1896. 1896,
S. 190 ff. Die Normativbestimmungen sind dort abgedruckt
S. 248—251.) Erst später im Jahre 1857 erhielten sie die
Bedeutung eines Reglements für den Vereinsver-
kehr. Nach Inkrafttreten des Hondelsgesetzbuches wurde
das Bereinsreglement vollständig umgearbeitet und ols
Bereinsreglement für die Beföbrderung
von Personen, Reisegepäck, Leichen,
Fahrzeugen und lebenden Tieren om 15. 4.
65 auf den Vereinsbahnen in Geltung gesetzt. Ebenso wurde
das am 1. 7. 50 eingeführte Vereinsgüterregle-
ment auf Grund des Handelsgesetzbuches umgearbeitet und
als Reglement für den Bereinsgüterver-
kehrv. 1. 3. 65 für das ganze Vereinsgebiet eingeführt.
Während diese Reglements auf freier Bereinbarung der
beteiligten E. Berwaltungen beruhten, gingen auch einzelne
deutsche Staaten mit Erlaß von Reglements vor. So führte
insbesondere Preußen am 18. 7.53 ein Betriebsregle.-
ment für die Staatseisenbohnen und die
unter Berwaltung des Staates stehen-
den Eisenbahnen ein, das im wesentlichen mit den
vorerwähnten Vereinsreglements in Uebereinstimmung ge-
halten wurde. Nach Gründung des Norddeutschen Bundes
und des Deutschen Reichs wurden auf Grund des a 45 RVW,
wonach das „Reich dahin wirken wird, daß auf allen deutschen
Eisenbahnen übereinstimmende Betriebsreglements einge-
führt werden", das Betriebsreglement für die
E. ium Norddeutschen Bunde v. 10. 6. 70, später
das Betriebsreglement für die E. Deutsch-
lands am 1.1.72 eingeführt. Bayern, das ein Reservat-
recht in E. Verkehrssachen schützte, setzte dies Reglement für
die bayerischen Bahnen als bayerisches Betriebsreglement
in Geltung 21). Das deutsche Betriebsreglement schloß sich
inhaltlich den beiden oben genannten Reglements des Ver-
eins deutscher E. Verwaltungen an, die es in eins zusammen-
fabte. Als die österreichisch-ungarische Regierung am 1. 8.
72 ein, auf derselben Grundlage beruhendes Betriebsregle-
ment für die E. der im Reichsrate vertretenen Königreiche
und Länder einge führt hatte, das einzelne abweichende,
namentlich für das Publikum günstigere Bestimmungen
enthielt, regte der Berein deutscher E. Berwaltungen, der
ein großes Interesse daran hatte, daß auf den zu seinem Ge-
biet gehörenden deutschen, österreichischen und ungarischen
Bahnen, gleichlautende Reglements in Geltung waren, eine
Bereinbarung hierüber bei den beteiligten Regierungen an.
Eine solche kam auch zustande, indem am 1. 7. 74 in beiden
Reichen umgearbeitete, im wesentlichen übereinstimmende
Betriebsreglements zur Einführung gebracht wurden. Unter
Zugrundelegung dieser Reglements führte der VBerein
deutscher E. Verwaltungen das Vereinsreglement
v. 1. 6. 76 cin, dessen Gültigkeit beschränkt ist auf den gegen-
seitigen Verkehr, der die Grenzen des Deutschen Reichs oder
der österreichisch-ungarischen Monarchie oder des Königreichs
der Niederlande oder des Großherzogtums Luxemburg
überschreitet.
2. Das deutsche E. Betriebsreglement v. 11.5.74
ist aufgehoben durch die am 1. 1. 93 in Kraft ge-
tretene Verkehrsordnung für die
Eisenbahnen Deutschlands v. 15. 11.
92 (Rl 923 ff). Ihr Erlaß erfolgte mit Rück-
sicht auf das Berner I (unten 86). Viele der Be-
1) Dasselbe Verfahren ist auch bei den späteren Ausga-
ben der E## O beibehalten, die für Bayern als bayrische Ver-
ordnungen herausgegeben sind.