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Pflichttheilsanspruch
der Stiftungen und der
juristischen Personen
des öffentlichen Rechts.
8 232.
Ist ein Erblasser von einer Stiftung oder einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts unentgeltlich in eine Verpflegungs—
anstalt aufgenommen oder in einer solchen untergebracht worden und
in dieser verstorben, so steht der Stiftung oder juristischen Person ein
Pflichttheilsanspruch den Abkömmlingen, Eltern und Ehegatten gegen—
über auf ein Drittheil, anderen Erbberechtigten gegenüber auf die
Hälfte des Werthes des Nachlasses zu. Die Zahlung eines Eintritts—
geldes schließt die Annahme der Unentgeltlichkeit nicht aus.
Ein gleicher Anspruch steht der Gemeinde zu, welche den ganzen
Verpflegungsaufwand für den Erblasser bis zu dessen Tode bestritten hat.
8 233.
Ist einem Erblasser von einer Stiftung oder einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts die zwei letzten Lebensjahre hindurch
der wesentliche Lebensunterhalt oder doch ein wesentlicher Unterhalts—
beitrag gewährt worden, so steht der Stiftung oder juristischen Person
ein Pflichttheilsanspruch in Höhe aller ihrer Aufwendungen für den
Erblasser insoweit zu, als die Aufwendungen nicht durch eine Gegen—
leistung sich als bereits vergütet darstellen.
Haben mehrere Stiftungen oder juristische Personen des öffent—
lichen Rechts wesentliche Unterhaltsbeiträge geleistet, so steht jeder ein
solcher Pflichttheilsanspruch, und zwar bei unzureichendem Nachlaß nach
dem Verhältniß ihrer Aufwendungen, zu.
Der Pflichttheilsanspruch geht den Pflichttheilsansprüchen der Ab—
kömmlinge und Eltern sowie des Ehegatten des Erblassers vor.
8 234.
Der Pflichttheilsanspruch (§ 232 und 233) kann durch Vertrag
ausgeschlossen werden.
Der Vertrag bedarf der schriftlichen Form. Die Vorschriften
des § 2347 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung.