Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1899. (83)

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§ 15. 
Rücktrittsgründe auf Seiten der Herrschaft. 
Für die Dienstherrschaft ist es, sofern nicht besondere Umstände eine ander- 
weite Beurtheilung rechtfertigen, als ein wichtiger, den Rücktritt vom Vertrag 
rechtfertigender Grund namentlich anzusehen: 
1. 
wenn der Dienstbote sich für dieselbe Zeit an mehrere Herrschaften 
vermiethet hat, 
wenn der Dienstbote den Antritt des Dienstes verweigert, 
wenn der Dienstbote krankheitshalber oder aus anderen Ursachen zu 
den übernommenen Diensten unfähig ist, 
wenn der Dienstbote den Dienstantritt aus Gründen, die nicht von 
der Herrschaft zu vertreten sind, um mehr als eine Woche verzögert, 
wenn der Dienstbote an einer ansteckenden oder abschreckenden Krank— 
heit leidet, 
wenn ein weiblicher Dienstbote im Zustand der Schwangerschaft ist, 
wenn der Dienstbote der Herrschaft wahrheitswidrige Angaben gemacht, 
wichtige Thatsachen, z. B. erlittene Strafen, absichtlich verschwiegen, 
falsche oder gefälschte Zeugnisse vorgelegt hat. 
Wegen Rückgabe des Miethgeldes bewendet es bei der Bestimmung 
des 8 11. 
Die Dienstherrschaft ist verbunden, dem Dienstboten ihren Rücktritt vom 
Vertrag unverzüglich, nachdem sie Kenntniß von dem sie zum Rücktritt be- 
stimmenden wichtigen Grund erlangt hat, zu erklären. 
8 16. 
Folgen des ungerechtfertigten Nücktritts der Dienstherrschaft vom Vertrag. 
Nimmt die Dienstherrschaft den Dienstboten nicht an, ohne daß sie einen 
wichtigen Grund (§8§ 14, 15) für sich geltend machen kann, so behält der 
Dienstbote das etwa empfangene Miethgeld und hat Anspruch auf die verein- 
barte Vergütung nach Maßgabe des § 615 des Bürgerlichen Gesetzbuches. 
Anstatt diese Vergütung zu beanspruchen, kann er jedoch vom Vertrag zurück- 
treten (§ 17 Ziffer 1) und Ersatz des ihm durch die Annahme-Weigerung er- 
wachsenen Schadens fordern.