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Die Verhängung von Disziplinarstrafen gegen Untersuchungsgefangene
steht nur dem Richter zu.
Bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens werden die Befugnisse des Richters
durch den Untersuchungsrichter ausgeübt. Mit der Eröffnung des Hauptver-
fahrens gehen sie auf den Vorsitzenden des erkennenden Gerichts über.
Ist eine Voruntersuchung nicht eröffnet, oder ist deren Führung dem
Amtsrichter (§ 183 der St.-P.-O.) übertragen, so sind die Befugnisse des
Richters so lange von dem Amtsrichter auszuüben, als der Gefangene sich in
dem Gefängnisse am Sitze des Amtsgerichts befindet.
IAbschnitt IV.
Besondere Bestimmungen über die Behandlung der Strafgefangenen.
A. Behandlung der zu Gefängnißstrafe Verurtheilten.
Beschäftigung.
8 90.
Die zu Gefängnißstrafe Verurtheilten sollen in der Regel in einer ihren
Fähigkeiten und Verhältnissen angemessenen Weise beschäftigt werden.
Unter den, den Fähigkeiten und Verhältnissen angemessenen Arbeiten sind
nicht bloß solche zu verstehen, welche der Gefangene schon früher betrieben oder
erlernt hatte.
Darüber, ob eine Arbeit den Fähigkeiten und Verhältnissen des Gefangenen
entspricht, hat im Zweifel der Gefängnißvorsteher zu entscheiden. Ist die Mög—
lichkeit einer solchen Arbeit vorhanden, so ist der Gefangene zu derselben anzu—
halten; nur ausnahmsweise kann der Vorsteher davon dispensiren.
Die Zutheilung eines Gefangenen zu einem bestimmten Arbeitszweige
erfolgt durch den Gefängnißvorsteher, welcher hierbei Wünsche der Gefangenen
thunlichst zu berücksichtigen hat und ermächtigt ist, unter besonderen Umständen
Gefangene von den sogenannten Hausarbeiten (8 66) zu entbinden.
Die Beschäftigung der Gefangenen außerhalb der Anstalt (§ 16 St.-G.-B.)
ist nur mit ihrer Zustimmung zulässig; dieselbe ist durch Erklärung zu Protokoll
festzustellen.