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Ministerial-Verordnung
zur Ausführnug des Reichsgesetzes vom 30. Juni 1900,
betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten (Reichs-Gesetzblatt S. 306)
und der vorläufigen Ausführungsbestimmungen zur Bekämpfung der Pest, vom 6. Oktober 1900
(Reichs-Gesetzblatt S. 850).
[(108) Mit Hoöchster Genehmigung wird zur Ausführung des Reichsgesetzes
vom 30. Juni 1900, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten
(Reichs-Gesetzblatt S. 306) und der vorläufigen Ausführungsbestimmungen zur
Bekämpfung der Pest vom 6. Oktober 1900 (Reichs-Gesetzblatt S. 850) Fol-
gendes verordnet:
I. Im Sinne der vorgenannten reichsgesetzlichen Bestimmungen sind:
a) Landesbehörde und höhere Verwaltungsbehörde: das Großherzogliche
Staats-Ministerium, Departement des JInnern,
b) untere Verwaltungsbehörde: die Bezirksdirektoren,
c) Polizeibehörde: die Gemeindevorstände (§ 1 des Gesetzes über die Neu-
gestaltung der Staatsbehörden vom 5. März 1850),
d) Gemeinden: die auf Grund des Artikels 1 der Gemeindeordnung für
das Großherzogthum bestehenden Gemeinden,
e) staatliche Beamte, welche die dem allgemeinen Gebrauche dienenden Ein-
richtungen für Versorgung mit Trink= oder Wirthschaftswasser und für
Fortschaffung der Abfallstoffe zu überwachen haben (§ 35 des Reichs-
gesetzes): die Großherzoglichen Bezirksdirektoren und Bezirksärzte.
II. Ueber die Feststellung oder den begründeten Verdacht des Ausbruchs
einer gemeingefährlichen Krankheit (§ 6 des Reichsgesetzes) hat der Gemeinde-
vorstand sofort und auf dem schnellsten Wege (durch Telegraph, Telephon oder
Eilboten) Meldung an das Staats-Ministerium, Departement des Innern, an
den zuständigen Bezirksdirektor und telegraphisch an das Kaiserliche Gesund-
heitsamt zu Berlin (§ 42 des Reichsgesetzes) zu erstatten.
Die öffentliche Bekanntgabe des ersten Pestfalles an einem Orte ist nur
mit unserer Genehmigung zulässig und wird in der Regel erst erfolgen, nach-
dem durch einen besonderen Sachverständigen Ermittelungen an Ort und Stelle
vorgenommen sind.