Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen auf das Jahr 1914. (98)

(Hausarbeit in der Tabakindustrie.) 255 
lediglich die elterliche Wohnung zu den von diesen unmittelbar von einem Unter- 
nehmer übernommenen Arbeiten zur Verfügung stellen, oder weil die Mitwirkung 
der Eltern sich im wesentlichen darauf beschränkt, eine durch die Kinder auszu- 
führende Arbeitsleistung zu übernehmen, während die Eltern selbst einer anderen 
Tätigkeit nachgehen. Durch § 6 Abs. 2 werden auch diejenigen Fälle getroffen, 
wo Kinder selbständig nicht bei den Eltern arbeiten. 
3. Das in § 8 ausgesprochene Verbot, wonach Personen, die mit einer ekel- 
erregenden Krankheit behaftet sind, bei den in § 1 bezeichneten Arbeiten nicht tätig 
sein dürfen, ist aufgenommen, nachdem neuerdings mehrfach auf die Schädigungen 
hingewiesen worden ist, die der öffentlichen Gesundheit drohen, wenn mit 
Gesichtslupus, Krebsleiden des Gesichts, äußerlich sichtbarer Syphilis, chroni- 
schem Lungenleiden u. dergl. behaftete Personen bei der Zigarrenhausarbeit 
tätig sind. 
4. Um die Hausarbeiter davon abzuhalten, die Zigarren mit dem Munde zu 
bearbeiten, haben schon bisher in manchen Gegenden die Unternehmer, welche 
Hausarbeit ausgeben, den Hausarbeitern besondere Näpfchen mit dem erforder- 
lichen Klebstoffe zur Verfügung gestellt. Die Durchführung des nunmehr im § 9 
ausgesprochenen Verbots wird wesentlich erleichtert werden, wenn die Gewerbe- 
aufsichtsbeamten überall auf die Unternehmer dahin einwirken, daß sie in gleicher 
Weise verfahren. 
5. Wie bereits in der Begründung des dem Reichstag im Jahre 1907 vor- 
gelegten Gesetzentwurfs ausgesprochen war, ist durch die Regelung nicht etwa eine 
mit den Interessen zahlreicher Arbeiter und ihrer Familien nicht wohl zu ver- 
einigende Beseitigung der Hausarbeit in der Tabakindustrie bezweckt. Demgemäß 
sind in den §§ 11 bis 14 mit Rücksicht auf die bestehenden Zustände Ausnahme- 
befugnisse der höheren und der unteren Verwaltungsbehörden vorgesehen, wodurch 
wirtschaftliche Benachteiligungen der Hausarbeiter tunlichst vermieden werden sollen. 
Die Gewährung von Ausnahmen im Falle des § 11 ist dabei im Hinblick darauf, 
daß die Beschaffenheit der vorhandenen Gebäude in einzelnen Gegenden die Be- 
stimmung im § 3 Nr. 2 über die Höhe der Arbeitsräume in weiterem Umfange 
zurzeit nicht durchführbar erscheinen läßt, au einen Antrag der Beteiligten nicht 
geknüpft. Die Bezirksdirektoren haben alsbald in eine Prüfung der Frage ein- 
zutreten, ob und inwieweit es etwa geboten erscheint, von der Ausnahmebefugnis 
des § 11 Gebrauch zu machen. Dabei ist im Auge behalten, daß mit der Zeit 
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