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Auf den Grund dieser Aeußerung der hoͤchsten Gerichtsstelle, womit sich das
K. Justiz-Ministerium einverstanden erklärt hat, und wobei auch das Ministerium
des Innern keinen Anstand findet, wird nun der Kreis-Regierung Nachstchendes zu
erkennen gegeben:
Seitdem die K. Finanzkammern eigene Justitiarien erhalten haben, steht den-
selben überhaupr das Recht zu, in den zu ihrem Wirkungskreise gehdrigen Straf-
Fällen auf Geldbußen bis zum Betrage von 20 Thalern und auf Eefängnißstrafe
bis zur Daucr von vierzehn Tagen zu erkennen, ohne daß hiebei hinsichtlich der
Personen der Straffälligen, insbesondere der Commundiener, eine Ausnahme
bestimmt wäre (K. Verordnung vom 3. Mai 1818, Reg. Bl. S. 218, Pos. 4 und 5;
Verordnung der Ministerien des Innern und der Finanzen vom 27. November 1819,
Reg. Bl. S. 855; Dienst-Instrubtion für die Kreis-Finanzkammern vom 17. Januar 1823,
K. 19, Liffer 1 und 4, Reg. Bl. S. 152, 155). Denn die in §.13, Siffer 7, Abschn. 2
der so eben angeführten Dienst-Instruktion für die Kreis-Finanzkammern aucgespro=
chene Beschränkung bezieht sich offenbar nur auf Dienstvergehen der den Finanz-
Kammern unterarordneten Diener, und nach Art. 58 des Straf-Edikts vom 17. Juli 1823,
Reg. Bl. S. ö98, hat es in Bezlehung auf die Straf-Befugniß der höheren Verwal--
tungs-Collegien bei den bisherigen Bestimmungen sein Verbleiben.
Gegen dieses kann auch weder die Bestimmung des vierten Organisations-=
Edikts vom 51. December 1818, §. 196, wonach die Bezirksgerichte wegen Dienst-
Verfehlungen der Staats= und Commun-Diener nur auf Geldstrafen erkennen
durften, höhere Straffälle also dem Gerichtshofe vorlegen mußten, als durch
Art. 55—60 des Straf-Edibts aufgehoben, nech die Bestimmung des 9. 9, Iil. f. der
Instruktion für die Kreis-Regierungen (Reg. Bl. 1819, S. 959), wonach diese Collegial=
Stellen gegen Beamte, Ortsvorsteher und Gemeinderäthe nur auf Geldstrafen erkennen
sollen, da sich diese Vorschrift ebenfalls nur auf Amtsvergehen bezieht, einen Ein-
wand begründen. Vielmehr ist es nach dem Biöherigen außer Zweifel geslellr, daß
sowohl die Bezirksgerichte, als auch die Kreis-Regierungen und Kreis-Finanzkammern,
letztere beide mit Ausnahme von Amtsvergehen, weil hiebei gewöhnlich die Dienst-
Entlassung in Frage steht, innerhalb der ihnen eingeräumten Strafgewalt auch gegen
Staats= und Commun-Diener, somit auch gegen Ortsvorsteher und Gemeinderäthe,
auf Freiheitsstrafen zu erkennen befugt seyen.