Full text: Ergänzungsband zum Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1838. (15a)

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begriffe uͤbereinstimmend, lehrreich und erbaulich, den allgemeinen Beduͤrfnissen der 
Menschen und den besonderen Beduͤrfnissen der einzelnen Gemeinden entsprechend, 
dem Inhalte und Ausdrucke nach fuͤr den Zuhoͤrer faßlich, auch durch eine leichte und 
natuͤrliche Ordnung behaͤltlich seyn, und mit einem den Regeln des guten Geschmacks 
entsprechenden und der Kanzel wuͤrdigen Anstande, mit Waͤrme und Leben gehalten 
werden. In den Predigten ist weder bloß unfruchtbare Dogmatik, noch trockene 
Sittenlehre vorzutragen; die heilige Schrift, die Ratur der Sache selbst und die 
Erfahrung sprechen dafür, daß durch geschickte, an das Muster der Lehrvorträge 
Jesu und seiner Apostel selbst sich anschließende Verbindung der Glaubens= und Sit, 
tenlehre die Kanzelvorträge an Zweckmäßigbeit und Wirksamkeit gewinnen. So 
sehr die Vibelsprache und die Einwebung passender Bibelsprüche in den Vortrag 
eempfohlen zu werden verdient, so ist doch eine ungeordnete, nichts erlduternde Anhäu= 
fung von Bibelstellen zu vermeiden. Um bei der periodischen Wiederkehr der für die 
Predigten an Sonn-, Frst= und Feiertagen vorgeschriebenen Terte Wiederholungen 
zu vermeiden, soll der Geistliche sich bestreben, aus dem Terte immer wieder ein neues 
Thema aufzustellen. 
Die Kanzel ist besonders dazu zu benutzen, religidse Irrthümer, abergläubische und 
schwärmerische Meinungen, die sich unter den Gemeinden finden, zu widerlegen, und 
dem Parteigeiste, dem Mysticismus, der Frômmelei entgegenzuwirken. Doch soll 
dieß mit Klugheit und Mäßigung, und nicht auf eine solche Art geschehen, daß der 
eine Theil erbittert, der andere im Leichtsinne bestärkt werde. Unordnungen, Fehler, 
Sittenverderbnisse und Laster, welche unter einem größeren oder kleineren Theile der 
Gemeinde herrschen, dürfen allerdings öffentlich, jedoch ohne Verlehung der Achtung, 
die der Prediger der ganzen Gemeinde schuldig ist, gerügt werden. Dagegen sollen 
Anzüglichkeiten und Persöulichkeiten oder Anspielungen auf einzelne Stände und 
Personen, welche den Zuhdrern verständlich sind, von der heiligen Stätte enrfernt 
bleiben. Entweihung der Kanzel durch Schimpf= und Schmähworte verdient ernste 
Ahndung. Die politischen Verhältnisse und die Zeitgeschichte sollen ohne besondere 
dießfallsige Anordnung in den Kanzelvorträgen nicht berührt, auch die vaterländischen 
Staats= und Regierungs-Angelegenheiten nicht zum Gegenstande solcher Vorträge 
gewählt, vielweniger einzelne Regierungs-Maaßregeln auf der Kanzel erdrrerr, gelobt 
oder getadelt werden. Von sich selbst, offener oder versteckter, auf eine eigenliebige, 
selbstgefällige und anmaßende Art auf der Kanzel zu sprechen, geziemt dem Prediger,
	        
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