116
vorzugsweise gewollt hatte, mag es ihm nun gleichguͤltig gewesen seyn, ob der wirklich
eingetretene, oder ob ein anderer, gleichfalls mit seiner Handlungsweise bezweckter,
Erfolg eintrete, oder mag er nur für den Fall, daß es sich nicht anders sügen würde,
zum voraus die erfolgte Rechtsverletzung gewollt haben.
Fahrläßigkeit.
Art. 58.
Wer aus Mangel an Aufmerksamkeit oder Ueberlegung etwas gethan oder unter-
lassen hat, woraus ohne sein Wollen eine Rechtsverlehung entstanden ist, soll in den
gesehlich bestimmten Fällen wegen Vergehens aus Fahrlaßigkeit gestraft werden.
Art. 59.
Der größere oder geringere Grad der Fahrläßigkeit hngt
1) davon ab, ob der Handelnde die Gefährlichkeit seiner Handlung eingesehen, diese
aber in dem leichtsinnigen Glauben, daß der rechtswidrige Erfolg nicht eintreten
werde, gleichwohl begangen, oder ob derselbe aus Mangel an Aufmerksamkeit
jene Beschaffenheit seiner Handlung nicht bedacht hat, überhaupt aber
2) davon, ob er die Entstehung des rechtswidrigen Erfolges als mehr oder minder
wahrscheinlich, und ob er die Größe desselben mehr oder minder vorherzusehen
im Stande war.
' Art. 60.
Hatte Jemand einen minder strafbaren, als den eingetretenen Erfolg der Hand-
lung beabsichtigt, so ist ihm die That, soweit sie in seiner Absicht lag, zum rechts-
widrigen Vorsatze, hinsichtlich des eingetretenen Erfolges aber, sofern die Voraus-
sekungen des Art. 58 zutreffen, zur Fahrläßigkeit anzurechnen.
Art. 61.
Vollendung.
Die volle gesehliche Strafe eines Verbrechens findet nur dann Anwendung, wenn
dasselbe vollendet ist. Ein Verbrechen, zu dessen Begriffe nach dem Gesehe ein be-
stimmter Erfolg gehört, ist erst mit dem Eintritte dieses Erfolges als vollendet an-
zusehen. Verluch.
Art. 62.
Der Versuch eines Verbrechens ist in dem Grade, in welchem sich derselbe der
Vollendung mehr oder weniger naͤhert, nach dem Verhaͤltnisse der Strafe, welche auf
dem vollendeten Verbrechen steht, jedoch immer geringer, als dieses, zu bestrafen.