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Art. 292.
Zu einem Antrage auf Bestrafung sind auch, selbst gegen den Willen des Be-
leidigten, dessen Eltern und, Namens der Ehefrau, der Ehemann berechtigt.
Beleidigungen, welche einer religioͤsen oder politischen Koͤrperschaft auf die im
Art. 284, Ziffer 2, bestimmte Art zugefuͤgt worden, sind auf den Antrag des Vor-
stehers zu bestrafen.
Bei Ehrenkränkungen und Verläumdungen gegen Verstorbene sind deren Erben
zur Klage berechtigt. «
Art. 293.
Hat der Beleidigte die Ehrenbeleidigung auf der Stelle, ohne Ueberschreitung
des Maaßes, erwidert, so steht keinem Theile ein Recht auf Klage zu-
Art. 294.
Sind verläumderische oder ehrenkränkende Aeußerungen öffentlich verbreitet wor-
den, so ist, wenn der Beleidigte es verlangt, die Strafe auf Kosten des Beleidigers
öffentlich bekannt zu machen.
Ist die Verbreitung durch eine Zeitschrift geschehen, so soll die Strafe, auf Ver-
langen des Beleidigten, durch dieselbe Zeitschrift, in der von dem Richter vorgeschriebenen
Weise, unentgeltlich zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden.
Fünftes Kapitel.
Von Angriffen auf die Sittlichkeit.
I. Nothzucht.
« Art. 295.
Wer eine Frauensperson durch körperliche Gewalt, gefährliche Bedrohung ode
arglistige Betsäubung ihrer Sinne außer Stand seßt, seinen Lüsten Widerstand 30
leisten, und in solchem Zustande sie schändet, soll wegen Nothzucht bestraft werden:
1) mit lebenslänglichem Zuchthause, wenn der Tod der genothzüchtigten Person
durch die erlittene Mißhandlung verursacht worden ist;
2) mit Zuchthaus, nicht unter zehen Jahren, wenn die genothzüchtigte Person an
ihrer Gesundheit einen bleibenden Nachtheil erlitten hat;
5) außerdem mit vierjährigem Arbeitshause bis fünfzehenjährigem Zuchthaufe.