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Ausnahmsweise ist von Amtswegen zu verfahren, wenn die That unter Umstaͤn-
den vollbracht worden, welche oͤffentliches Aergerniß erregt haben, wenn die Nothzucht
oder die Verführung zur Unzucht (Art. 297) die im Art. 295, Ziffer 1 und 2, er-
wähnte Folge hatte, oder, wenn im Falle des Art. 298 die verführte Person keinen
Vertreter hat und die Klage nicht selbst erhebt.
III. Blutschande.
Arr. 301.
Der Beischlaf zwischen Verwandten in auf= und absteigender #nie wird
1) an ersteren mit Zuchthaus bis zu sechs Jahren,
2) an leßteren, wenn sie das vierzehente Jahr zurückgelegt haben, mit Kreisgefäng-
niß, nicht unter Einem Jahre, bestraft.
Art. 302.
Voll= und halbbürtige Geschwister, welche miteinander Unzucht verüben, sind mit
Arbeitshausstrafe, nicht unter zwei Jahren, zu belegen.
Art. 305.
Unzuchtvergehen zwischen Verschwägerten in auf= und absteigender Linie, nämlich
zwischen Stiefeltern und Stiefkindern, Stiefgroßeltern und Stiefenkeln, Schwieger-
eltern und Schwiegersöhnen oder Schwiegertöchtern, sollen an den Eltern mit Arbeits-
haus, nicht unter drei Jahren, an den Kindern mit Kreisgefängniß bis zu Einem
Jahre, bestraft werden.
Doch tritt diese Strafe bei Stiefkindern und Stiefenkeln nur ein, wenn sie das
vierzehente Jahr zurückgelegt haben.
Art. 504.
« IV. Doppelehe.
Ein Ehegatte, welcher bei noch fortdauernder göltiger Ehe eine neue Ehe
schließt, soll,
1) wenn er der Person, mit welcher die neue Ehe geschlossen worden, seinen Ehe-
stand verhehlt har, zu dreijährigem Arbeitshause bis achtjährigem Zuchthause,
außerdem zu Einjährigem bis dreijährigem Arbeitshause, verurtheilt werden;
2) sind beide Theile schon verheirathet, so ist jeder Theil, wenn ihm der Ehestand
des Andern bekannt war, mit Arbeitshaus, nicht unter vier Jahren, zu bestrafen:
3) hat eine ledige Person sich mit einer verheiratheten, deren forrdauerndes hheliches
Verhältniß ihr bekannt war, verheirathet, so ist auf Arbeitshaus bis zu zwei
Jahren zu erkennen;