99
Die Züchtigung ist von doppelter Art, und wird von einem Aufseher, in Gegenwart
des Verwalters oder des Oberaufsehers, vollzogen, und zwar:
a) die leichtere mit einem dünnen spanischen Rohre,
5) die schwerere, bei welcher jedesmal auch der Hausarzt oder Wundarzt anwesend
seyn muß, mit der für weibliche Gefangene vorgeschriebenen Zuchtpeitsche, und
bei schwächlichen Personen ausnahmsweise mit der auf den entblößten Rücken
anzuwendenden Nuthe. Auch findet bei vieser schwereren Art nach Erforderniß das
Einspannen in den sogen. Bock Statt.
§. 62.
Die von den Gerichten erkannten Schärfungen der Arbeitshausstrafe (Art. 16 des Straf-
gesetzbuchs) werden auf die in §&. 57 u. 59 vorgeschriebene Weise vollzogen.
C. 65.
Dem Ermessen des Verwalters, beziehungsweise des Strafanstalten-Collegium, bleibt über-
lassen, von jenen Disciplinarstrafen diejenige in Anwendung zu bringen, welche nach dem
Charakter und der Sinnesart der Gefangenen ihrem Zwecke am besten entspricht. Die körper-
liche Züchtigung, als das äußerste Mittel, darf niemals mit andern Disciplinarstrafen ver-
bunden werden.
K. 64.
Die Gefangenen können zwar gegen die von dem Verwalter ihnen zuerkannten Dissi-
plinarstrafen, wie gegen dessen Verfügungen überhaupt, bei dem Strafanstalten-Collegium ssch
beschweren; die Erhebung einer solchen Beschwerde hält jedoch den Strafvollzug nicht auf.
Hat eine Gefangene nach dem Ablaufe ihrer Strafzeit noch eine diseiplinarische Frei-
beitsstrafe zu erstehen, so wird diese in dem einsamen Arrestlokale des Arbeitshauses vollzogen.
S. 65.
Den Offieianten der Strafanstalt steht keinerlei Strafbefugniß zu; jedoch ist der Ober-
Aufseher befugt, in Fällen, welche eine augenblickliche Einschreitung erfordern, die Abführung
der Uebertreterinnen in das Gefängniß der Strafanstalt vorläusig anzuordnen; wovon aber dem
Verwalter zu weiterer Verfügung unverzügliche Anzeige zu erstatten ist.
. . 66.
Gefangenen, welche durch gutes Betragen sich auszeichnen, ist nach Umständen die Aus-
sicht zum Vorrücken in die erste Classe, zur Verwendung als Hofschäfferinnen und zur Auf-
stellung als Obfrauen eröffnet.