460
Art. 2.
Wo das Gesetz nicht ausdrücklich eine Ausnahme bestimmt, ist die Untersuchung von
Amtswegen anzustellen, ohne daß es einer Klage des Beleidigten oder Beschädigten bedarf.
Art. 3.
Der Richter hat von Amtewegen mit gleicher Sorgfalt die Umstände, welche zur Ver-
theidigung des Angeschuldigten gereichen, wie die Beweismittel für die Schuld, zu erforschen
und zu würdigen. #
Art. 4.
Strafsachen sind als dringende Geschäfte zu behandeln, und daher weder auf ordenkliche
Gerichtstage, noch auf bestimmte Gerichtsstunden beschränkt; auch gelten für sie, wenn Gefahr
auf dem ** baftet, keine Ferien, von welcher Art diese seyn mögen.
Art.
Scassaden, welche Verhaftete oder öffentliche Diener betreffen, sollen vorzugsweise be-
schleunigt werden.
1I. Von dem Verbältniß der Strafsachen zu Civilsachen.
Art. 6.
Wein bei einer Cioilverhandlung die Anzeige eines von Amtswegen zu strafenden Ver-
brechens oder Vergehens erfolgt oder der Verdacht einer solchen Gesetzesübertretung sich er-
gibt; so hat der Civilrichter hievon dem zuständigen Criminalrichter Mittheilung zu machen.
Art. 7.
Hinsichtlich der Fragen, welche bei der strafrichterlichen Beurtheilung in Erwägung kom-
men, ist der Strafrichter an das Erkenntniß des Ciwvilrichters in keiner Weise gebunden.
Nur bei Ebesachen hat er die Entscheidung des zuständigen Gerichtes abzuwarten und
solcher nachzugehen.
Auch ist er verpflichtet, dan Daseyn eines privatrechtlichen Verhältnisses, welches vor er-
folgtem Verbrechen durch eivil= oder ehegerichtliches Erkenntmiß rechtskräftig festgestellt worden
ist, als Thatsache anzunehmen.
Uebrigens ist der Civilrichter jedenfalls verbunden, dem Strafrichter vdie Akten mitzuthei-
len, und vie gleiche Verpflichtung hat der letztere, wenn sein Erkenntniß von Einfluß auf die
Entscheiung einer Cioilsache seyn kann.