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Art. 99.
Wird das Gutachten der Sachverständigen nicht auf den Grund eines Augenscheins ab-
gegeben, oder tritt einer der in den Art. 96. Abs. 2. und Art. 104. erwähnten Fälle ein; so
ist vasselbe schriftlich abzufassen; in anderen Fällen soll es sogleich zum Augenscheins-Proto-
kolle abgegeben werden. Doch bleibt den Sachverständigen auch hier unbenommen, sich eine
besondere schriftliche Ausführung vorzubehalten, wozu ihnen eine der Beschaffenheit der Sache
angemessene, kurze Frist zu verwilligen ist.
Art. 100.
Zeigen sich in einem Gutachten Mängel von der im Art. 295. bemerkten Art; so soll
der Richter die Aussteller zu deren Berichtigung und Ergänzung auffordern und nöthigenfalls
andere Sachverständige beiziehen.
Art. 101.
Sind die Sachverständigen in dem Urtheil über den Gegenstand des Gutachtens abwei-
chender Ansicht; so hat der Richter vie Entscheidung eines öffentlich anerkannten Vereins von
Sachverständigen einzuholen.
In Ermanglung eines solchen sind andere Sachverständige zu Ertheilung eines neuen
Gutachtens aufzufordern.
Art. 102.
Auf gleiche Art, wie in dem Falle einer Meinungs-Verschievenheit unter den Sachver-
ständigen, hat der Richter alsdann zu verfahren, wenn ihm die Triftigkeit und Zulänglichkeit
der in dem Gutachten angeführten Gründe zweifelhaft scheint.
Namentlich ist das Gutachten von Gerichtsärzten, sobald die Anwendung der Todesstrafe
in Frage kommt, bei irgend einem Zweifel einem der angeordneten Medieinal-Collegien zur
Prüfung vorzulegen.
2) Insbesondere von dem Augonschein.
a) bei Tödtungen.
Art. 103.
Ergeben sich Anzeigen einer Tödtung; so darf der Körper des Entseelten erst pach vor-
genommener gerichtlicher Leichenschau und Leichenöffnung beerdigt werden.
Sollte die Bestattung schon vorher erfolgt seyn; so muß der Leichnam wieder ausgegra-
ben werden, wenn hievon noch irgend ein Nutzen für die Untersuchung zu boffen ist.