Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1843. (20)

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Sechstes Kapitel. 
Von dem Beweise aus Anzeigen. 
Art. 327. 
Thatsachen, aus welchen ein Verdacht hergeleitet werden kann (Art. 286. Abs. 1.), sind 
1) solche, die einen zu Begehung des Verbrechens gefaßten Enischluß vermuthen lassen 
(vorhergehende Anzeigen), z. B. ein dringendes Interesse an Begehung des 
vorgefallenen Verbrechens; die vorhergegangene Aeußerung, vasselbe verüben zu wollen; 
Handlungen, welche als Vorbereitungen dazu anzusehen sind; 
solche, von denen auf den Akt der Ausführung geschlossen werden kann (gleichzeitige 
Anzeigen), z. B. die Gegenwart am Orte der That um die Zeit ihrer Verübung 
mit zu letzterer geschikten Werkzeugen; Merkmale an einer Person oder an einer ihr 
zugehörigen Sache, welche wahrscheinlich durch die Verübung der That entstanden sind; 
5) solche, die als Folge des begangenen Verbrechens zu betrachten sind (nachfolgende 
Anzeigen), z. B. die Entfernung einer Person von ihrem gewöhnlichen Aufenthalts- 
orte bald nach vorgefallener over ruchbar gewordener That, ohne daß eine andere 
Ursache der Entfernung, als das Bewußtseyn der Schulo, glaubhaft vorausgesetzt 
werden kann; der Versuch, die Spuren des Verbrechens zu tilgen; das zuvorkommende 
Bemühen, den Verdacht von sich abzuwenden oder auf einen andern zu wälzen; der 
Besitz von Sachen, welche sich zur Zeit der That bei dem Beschädigten befunden 
baben, ohne daß der Inhaber einen rechtmäßigen Erwerb derselben nachzuweisen 
vermag. 
Art. 328. 
Thatsachen, welche nur zu einer Vermuthung im Allgemeinen Anlaß geben, z. B. der 
üble Ruf, die wegen eines glelchartigen Verbrechens schon erlittene Strafe, Umgang mit Ver- 
brechern, begründen für sich allein keinen rechtlichen Verdacht, sondern dienen nur dazu, den 
schon rechtlich begründeten Verdacht zu verstärken oder den Richter in seiner Untersuchung 
auf bestimmte Verdachtsgründe zu leiten. 
Ein Gleiches gilt von dem Benehmen einer Person, welches ebensowohl der Bestürzung 
und Verlegenheit über eine ungegründete Bezüchtigung, als dem Bewußtseyn der Schuld zu- 
geschrieben werden kann, z. B. Veränverung der Gesichtsfarbe, Jittern, Stottern.
	        
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