Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1843. (20)

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Art. 329. 
Um das Gewicht der Anzeigen und den Grad ver daraus hervorgehenden Wahrschein- 
lichkeit zu ermessen, hat der Richter theils auf den Beweis der Thatsachen, aus welchen ge- 
schlossen wird, theils auf die Beschaffenheit ihres Zusammenhangs mit dem Verbrechen Rück- 
sicht zu nehmen. 
Art. 350. 
Eine Anzeige äußert nur dann ihre volle Wirkung, wenn sie durch vollkommenen unmit- 
telbaren oder mittelbaren Beweis (Art. 236. Abs. 1.) dargethan ist. 
Eine nicht vollständig bewiesene Anzeige ist um so schwächer, je mehr an der Vollstän- 
digkeit ihres Beweises mangelt. # 
Art. 551. 
Eine Anzeige ist um so stärker, je gewöhnlicher die ihr zu Grund liegende Thatsache, 
der Erfahrung nach, mit dem Verbrechen verbunden ist, und je weniger sich solche auf andere 
Art, als unter Voraussetzung des Verbrechens, erklären läßt. 
Art. 552. 
Der Verdacht wird verslärkt durch das Zusammentreffen verschiedener Anzeigen, welche 
in einander greifen, sich gegenseitig unterstützen und zusammen auf dieselbe Voraussetzung 
führen. 
Art. 555.cé. 
Bei der Beurtheilung des Gewichts der Anzeigen für die Schuld hat der Richter zugleich 
die entgegenstehenden Anzeigen für die Unschuld in Erwägung zu zieben. 
Zu diesen gehört, wenn kein Interesse des Beschuldigten an Begehung der That erkenn- 
bar ist oder diese sogar mit dem Interesse vesselben im Widerspruch stand; wenn bei Verü- 
bung des Verbrechens Schwierigkeiten und Hindernisse vorhanden waren, deren Ueberwindung 
durch den Angeschuldigten nicht wahrscheinlich ist; wenn sich letzterer nach vorgefällenem Ver- 
brechen so benommen hat, wie es von demjenigen, welcher sich der That bewußt war, nicht 
wohl erwartet werden konnte. 
Allgemeine günstige Voraussetzungen, welche auf der guten Aufführung, dem bekannten 
Charakter und der Lebensweise eines Menschen beruhen und die Begehung der That von ihm 
nicht erwarten lassen, haben die Wirkung, daß, wo sie vorhanden sind, immer ein stärkerer 
* der Schulv erfordert wird, alo wo sie fehlen over das Gegentheil derselben Statt 
ndet.
	        
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