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Hiebei entscheidet der Zeitraum, welcher zur Verjaͤhrung des Verbrechens, wie es nach
den neuen Beweismitteln angezeigt ist, gesetzlich erfordert wird.
Art. á1ll.
Ist ein Erkenntniß erfolgt; so findet die Wiederaufnahme der Untersuchung unter den
in den nachstehenden Artikeln bezeichneten Voraussetzungen zu jeder Zeit zum Vortheil des
Angeschuldigten, zu seinem Nachtheile aber nur vor Ablauf der Verjährungszeit Statt (vergl.
Art. 410. Abf. 2.).
Auch wird bei Verbrechen, die nicht von Amtswegen verfolgt werden, zu Wiederaufnahme
der Untersuchung zum Nachtheil des Angeschulvigten die Erneuerung der Klage erfordert.
Art. 412.
Nach erfolgtem freisprechendem Erkenntnisse kann gegen den Freigesprochenen wegen der-
selben Handlung, über welche geurtheilt worden, die Untersuchung wieder aufgenommen werden:
1) wenn die Falschheit der Beweismittel, auf welchen die Freisprechung beruht, darge-
than ist, z. B. wenn sich ergeben hat, daß die Urkunden verfälscht, die Zeugen mein-
eidig, oder ihr Zeugniß auf einem wesentlichen Irrthum gegründet gewesen, voraus-
gesetzt übrigens, daß noch zu einer Versetzung in den Anschuldigungsstand genügende
Verdachtsgründe vorliegen:
2) wenn neue Beweismittel an den Tag kommen, welche für sich allein oder in Ver-
bindung mit den in der früheren Untersuchung erhobenen hinreichend sind, um eine
Versetzung in den Anschuldigungsstand zu beschließen.
Art. 415.
Zur Wiederaufnahme der Untersuchung wird der Untersuchungs-Richter durch einen Be-
schluß desjenigen Gerichts ermächtigt, welches in erster oder abändernd in zweiter Instanz auf
Freisprechung erkannt hat.
Ist letztere im Auslande erfolgt; so beschließt das Gericht, welches nach den Bestimmun-
gen der Art. 22. u. ff. für das weitere Urtheil zuständig ist.
Wenn jedoch Gefahr auf dem Verzuge haftet oder der Freigesprochene die Dienst- und
Ehren-Rechte nicht mehr besitzt; so ist der Untersuchungs-Richter befugt, die Untersuchung so-
gleich wieder aufzunehmen, und er hat nur dem erkennenden Gerichte hievon Anzeige zu er-
statten.