Object: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

— 428 — 
gemordete Pflegerin nie in Belgien gewesen, obschon sie sich zum Dienst bei 
der Front gemeldet hatte. Die von A bis Z erlogene Greuelgeschichte ist 
also, wie die „Times“ meint, ein „grausamer Scherz“. 
Die „Kölnische Zeitung“ bemerkt dazu: Daß es auch eine ganz unver- 
antwortliche Verleumdung der Deutschen sein könnte, will der „Times“ 
offenbar nicht in den Sinn, vielmehr deutet sie — und das ist wohl der 
Gipfel lügenhafter Advokatenkniffe — auf die Möglichkeit hin, daß die 
ganze Schauermär von den Deutschen in die Welt gesetzt worden um sie 
später als Erfindung zu kennzeichnen und an der Hand dieses Beispiels auch 
andere Mordgeschichten als Erfindung hinzustellen. Sie fordert eine ge- 
naue Untersuchung. „Nur eine solche Untersuchung kann entscheiden, ob 
die Verbreitung jener Geschichte ein verächtliches Manöver im deutschen 
Preffeldzug ist oder ein sonderbares Beispiel von Hysterie.“ Wir glaubten 
in der besseren englischen Presse hier und da Anzeichen bemerkt zu haben, daß 
sie der ewigen Verleumdung müde sei und zu einem anständigen Ton auch 
gegen den Feind zurückzukehren wünsche. Wenn die „Times“ aber eine 
niederträchtige Verleumdung der Deutschen entweder als deutschen Trick 
oder als Erdichtung eines hysterischen Frauenzimmers hinstellt, ohne nur 
ein Wort gegen die kritiklosen Verbreiter solcher Ehrenabschneidereien zu 
finden, so handelt sie — ganz im Sinne der amtlichen englischen Politik, d. h. 
unanständig und lügenhaft. In neutralen Ländern wird man danach sich 
ein Urteil über andere gegen die Deutschen gerichtete Verleumdungen bilden 
können, und man wird es tun, so peinlich dies auch der „Times“ ist und so 
eilig sie mit neuen Verleumdungen die „Offensive ergreift“. 
Die englische Marinemission begibt sich nach Sebastopol. 
Konstantinopel, 22. September. Die englische Marinemission 
mit Admiral Limpus, welche vor einigen Tagen aus dem türkischen Dienst 
ausschied, empfing Befehl, sich nach Sebastopol zu begeben, um der russischen 
Marine zur Verfügung zu stehen. In Sebastopol sind bereits auch andere 
englische Seeoffiziere, von denen ein Teil schon vor Kriegsausbruch ein- 
traf, tätig. (Deutsche Tagesztg., 23. Sept.) 
Der russische Oberbefehlshaber ermuntert zum Schießen auf die 
weiße Flagge. 
In einem von umseren Truppen aufgefundenen Originalbefehl des 
russischen Reserve-Infanterie-Regiments 221 steht, daß General Rennen- 
kampf anempfiehlt, „den weißen Flaggen nicht zu trauen und sie nicht zu 
beachten, da es wiederholt erwiesen ist, daß der listige Feind mit der weißen 
Flagge Mißbrauch treibt". 
Es ist wirklich die Höhe von Unverfrorenheit, daß ein russischer Tages- 
befehl uns Mißbrauch der weißen Flagge vorwirft. Der ritterliche Kom- 
mandeur unseres ostpreußischen Füsilier-Regiments Nr. 33, Oberst 
v. Fumetti, ist von einem russischen Offizier aus der Schützenlinie, die durch 
andauerndes Schwenken weißer Tücher und Flaggen ihre Absicht zur Ueber- 
gabe —nach Einstellen des Feuers — kundgetan hatte, in meuchlerischer 
Weise über den Haufen geschossen worden. Sowohl diese bedauerliche Hand- 
lungsweise, wie jener verleumderische Tagesbefehl find „echt russisch“! 
Im übrigen sind die deutschen Truppen im Verlaufe dieses Feldzuges 
überhaupt nicht in die Lage gekommen, weiße Flaggen zu gebrauchen. Da 
solche bei uns auch nur bei der Absendung von Parlamentären gezeigt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.