Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1856. (33)

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Dieses wird mit dem Anfügen zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die veränderte 
Eintheilung sofort in Wirksamkeit tritt. 
Stuttgart den 31. Dezember 1855. 
Plessen. 
2. Des Civilsenats des K. Obertribunals. 
Gemeinbescheid, betreffend die Auslegung des s. 145, Absatz 3 des IV. Edikts 
vom 31. December 1818. 
Es ist zur Kenntniß des Obertribunals gekommen, daß manche Gerichte in ibren Er- 
kenntnissen dem zu einer Leistung verurtheilten Beklagten ohne einen besondern Grund 
eine Frist zu Erfüllung seiner Verbindlichkeit ertheilen, indem sie die Bestimmung des 
S. 145, Absatz 3 des IV. Edikts, wornach bei allen Leistungen, zu welchen der Beklagte 
verurtheilt wird, zugleich die Zeit zu deren Erfüllung bemerkt werden soll, so auslegen, 
als ob mit jeder Verurtheilung zu einer Leistung eine Fristbestimmung zu verbinden sei. 
Diese Auslegung kann nicht als richtig erkannt werden. Denn der Beklagte hat, wenn 
die gegen ihn eingeklagte Leistung verfallen ist, keinen Anspruch darauf, daß ihm durch das 
Urcheil eine Frist zu Erfüllung seiner Verbindlichkeit gegeben werde; der Kläger kann 
vielmehr verlangen, daß der Beklagte zur sofortigen Erfüllung für schuldig erkannt werde, 
und der Bestimmung einer besondern Erfüllungszeit bedarf es nur da, wo vermäöge des 
Inbalts des streitigen Rechtsverhältnisses der Beklagte seine Verbindkichkeit erst nach dem 
Eintritt einer gewissen Zeit oder Bedingung zu erfüllen hat. An diesem in der Natur 
der Sache und den Gesetzen begründeten Grundsatz wollte offenbar die erwähnte Prozeß- 
vorschrift nichts ändern. Dieselbe bezweckte nur, daß aus dem Erkenntnisse zu entnehmen 
ei, wann der Beklagte zu erfüllen habe, was da, wo die Leistung sofort mit dem Eintritt 
der Rechtskraft des Erkenntnisses zu geschehen hat, auch durch Weglassung jeder Zeit- 
estimmung ausgedrückt werden kann, indem es sich dann von selbst versteht, daß der Klä- 
ger, sobald das Erkenntniß rechtskräftig geworden, auf dessen Vollziehung antragen kann. 
ndem aber die Gerichte auch dann, wenn der Inhalt des streitig gewordenen Rechtsver— 
baͤltnisses es nicht mit sich bringt, in dem Urtheile eine besondere Erfüllungsfrist festsetzen,
	        
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