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Sie darf sich bezüglich aller, nicht zur oberamtsgerichtlichen Competenz gehörigen
Vergehen (vergl. Art. 401 ff.) der Einschreitung nur entschlagen, wenn nach ihrer An-
sicht die Handlung nicht strafbar oder die Verfolgung derselben ausgeschlossen ist oder
zureichende Anhaltspunkte für die Untersuchung fehlen.
Art. 29.
Der bei dem Kreisgerichtshof angestellte erste Staatsanwalt ist befugt, jederzeit
einzelne Geschäfte eines ihm untergeordneten Beamten selbst zu übernehmen oder einem
anderen seinem Sprengel angehörigen Beamten aufzutragen.
Höhere Beamte der Staatsanwaltschaft werden durch die von einem untergeordneten
geäußerten Ansichten, abgegebenen Erklärungen oder gestellten Anträge nicht gebunden
oder an amtlichem Handeln gehindert, vorausgesetzt, was Erklärungen oder Anträge be-
trifft, daß es auch dem Beamten, von dem sie herrühren, noch gesetzlich gestattet wäre,
dieselben zurückzuziehen.
Finden Beamte der Staatsanwaltschaft eine gerichtliche Verfolgung, die ihnen zu-
solge Auftrags oder Gerichtsbeschlusses obliegt- (vergl. Art. 75, 220 Abs. 1, 267, 320,
439 Abs. 2), nicht begründet, so ist es ihnen unbenommen, solches ihrer vorgesetzten
Behörde vorzustellen. Diese hat bei entgegengesetzter Ansicht für die Behandlung der
Sache durch einen anderen Beamten der Staatsanwaltschaft zu sorgen; ist aber ein
Gerichtsbeschluß zu vollziehen, so tritt äußersten Falls hiefür eine Gerichtsperson ein.
Die Gerichtsperson wird von dem Gerichte bestellt, dessen Beschluß zu vollziehen ist.
Art. 30.
Um sich zur Erhebung der Klage in den Stand zu setzen, kann der Staatsanwalt
Zeugen und Sachverständige, jedoch nicht eidlich, vernehmen, auch Oertlichkeiten besichtigen.
Erachtet er die Festnahme eines Verdächtigen oder eine Haussuchung unter den
Voraussetzungen der Art. 77, 126 für geboten, so sind die Diener, beziehungsweise die
Beamten der Polizei anzugehen, die seiner Aufforderung zu entsprechen haben.
Bei angezeigten Dienstvergehen ersucht der Staatsanwalt die dem Verdächtigen
vorgesetzte Dienstbehörde um die erforderlichen Ermittlungen.
Art. 31. »
Die Polizeibehörden sind verpflichtet, von Amtswegen angezeigten Uebertretungen
der Strafgesetze, deren Verfolgung nicht von Anträgen Betheiligter abhängt (Art. 72),
weiter nachzuforschen und wo der Untersuchungsrichter augenblicklich nicht in der Lage